Nach der Übersetzung von Klaus Mylius, bearbeitet von Viktor Kalinke, illustriert von Christiane Franke
Das unstreitig berühmteste Lied des Atharvasamhita ist die Hymne an die Erde, die durch Tiefe der Empfindung und dichterische Ausdruckskraft in der altindischen Literatur hervorsticht. Der dreitausend Jahre alte Text zeichnet das Bild einer zerfallenden Urgemeinschaft, die von Landnahme, Ackerbau, Jagd und kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt ist. Besonders hebt die Hymne den hohen Status der Frauen hervor. Christiane Franke ließ sich auf ihrer Reise durch Nepal und Indien von den vielgestaltigen Landschaften zu abstrakten Serien anregen, die sie auf Radiergummidrucke gemalt hat. Ihre Arbeiten leben geradezu von erdiger Farbigkeit.
"Mich reizte vor allem die Andersartigkeit der Leute und der Kultur, die Menschen, das Chaos und die Farben. Beeindruckend war der Kontrast von Ruhe und Lärm, der Einsamkeit und dem Gedränge in den Städten. Man fühlt sich wie in eine andere Zeit hineinversetzt. Für mich war die Schönheit der Landschaft im Himalajagebirge und auf den Andamanen faszinierend. Die Felder, die Berge, das Gestein, die Erde. Dann das Feuer, die Fahnen, die Klöster und Brücken. Das Zeichnen war für mich eine Möglichkeit des Festhaltens, Bewahrens und Innehaltens. Ich habe mir viel Zeit gelassen damit und arbeite letztlich schon fast drei Jahre an diesem Thema. Das ist vielleicht eine Art Zitat dieser Kultur, eine Huldigung ihrer Dinge und Farben. Eine Art Danksagung. Wenn ich einen Mönch mit seinem leuchtend roten Gewand auf einem Pferd durch die öde Wildnis reiten sah, war das für mich überwältigend." (Christiane Franke zu ihrem Werk)
Die "Große Hymne an die Erde" können Sie auch als Hörbuch bestellen, arrangiert von Anna H. Frauendorf gesprochen von Sabine Münch und Viktor Kalinke, begleitet von Maxim Elster (viol), 40:03 min - eine Hörprobe finden Sie auf der Hauptseite unter "Bücher"
Leseprobe:
1.
Hohe Wahrheit, gewaltiges Recht,
Weihe, Askese,
Brahman, Opfer
erhalten die Erde.
Sie, die Herrin
des Gewordenen und des noch Werdenden
soll uns, die Erde,
soll uns weiten Raum bereiten, (und) –
2.
Unbedrängtheit inmitten der Menschen.
Dir sind die Aufstiege, die Vorwärtsbewegungen,
das Gleichbleibende,
du erhältst die verschiedenartigen Pflanzen –
du, Erde, breite dich für uns aus,
für uns gedeihe!
3.
Auf dir sind Meer und Fluß, die Wasser;
aus dir erwachsen Nahrung und Pflugarbeit;
auf dir (ist) belebt, was atmet, sich regt –
diese Erde soll uns den ersten Trank bringen.