Gedichte
Aus dem Russischen von Erich Ahrndt
Angelina Polonskaja hat sieben Gedichtbände veröffentlicht, von denen zwei, ins Englische übersetzt, in den USA erschienen. Ihre Gedichte wurden auch in russischen Zeitschriften und Zeitungen publiziert, aber in den letzten Jahren konnte sie praktisch nichts mehr veröffentlichen: Sie schrieb das Libretto zum Oratorium „Kursk“ des australischen Komponisten David Chisholm, einem Requiem auf die im Jahr 2000 umgekommene russische U-Boot-Besatzung. Es wurde 2011 in Melbourne uraufgeführt. Seitdem ist Angelina Polonskaja für die Mächtigen im Kreml eine Dissidentin. Schnee und Kälte sind ihre Metaphern für soziale und menschliche Kälte, auch für das Leiden daran. Den Wunsch nach Harmonie versagt sich Angelina Polonskaja, sie will sich der nüchternen Analyse und dem Widerstehen-Müssen stellen. Es ist an der Zeit, diese Lyrikerin, zweifellos eine der bedeutenden Dichterinnen der Gegenwart, im deutschsprachigen Raum vorzustellen.
Angelina Polonskaja: geb. 1969 im Dorf Malachowka im Gebiet Moskau, als Tochter eines Professors der Medizin und einer Eiskunstlauftrainerin. Sie absolvierte das Moskauer Institut für Körperkultur und Sport und studierte Spanisch am Cervantes-Institut. Sie war Eiskunstläuferin im Moskauer und Kiewer Eiskunstballett, ging dann nach Südamerika, von wo sie 1997 zurückkehrte und ihre Sportlerkarriere beendete. Heute ist sie Mitglied des Moskauer Schriftstellerverbands und des russischen PEN-Zentrums.
Erich Ahrndt: geb. 1932 in Arnswalde (jetzt Choszczno, Polen), lebt in Leipzig, Übersetzer seit 1977, u.a. Werke von Iwan Bunin, Walentin Rasputin, Daniil Granin, Übersetzerprämie des Verlags Volk und Welt 1981, zuletzt: Gedichte von Sergej Jessenin, Marina Zwetajewa, Anna Achmatowa und Bella Achmadulina.
Leseprobe:
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Schwärzer als Weiß
Ist wirklich alles umsonst,
und die Trauer des Schnees begrüßt dich immer wieder –
keine Farbe ist schwärzer als Weiß.
Du stellst deine Koffer ab,
du siehst einen blutenden Hund
und denkst: Ich bin zu Hause.
Nur Mama in der Tür
küsst dir das Haar und den schmalen Stirnrand,
verfehlt und rutscht ab –
klein ist sie, wie ein Mädchen.
Und der Schnee rieselt und rieselt, als bemerke er euch nicht,
doch jemand blickt durch die Fensterritzen,
jemand blickt durch die Fensterritzen,
unverwandt und stumm.
Und mit jeder solcher Wiederkehr
‚War wirklich alles umsonst‘,
brennt es nicht mehr – glimmt es kaum noch.
Trauer frischen Schnees.
Wie sie dem Land steht,
in das du von der Gangway stiegst.
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Stillleben mit Kartoffelfeld
Sag mir, ist dazu Krieg gemacht,
dass übrig bleiben lehmverklebte Schnallen?
Der Acker schläft. Im Schlaf, bei Nacht,
ahnt keiner, wer ins Kraut wird morgen fallen.
Das Jahr ist kalt. Der Gummisohlen Ruch,
der Körper Atem klebt in Abteilecken.
Ein Hafen wandert mit der Schiffe Zug,
der Flüchtling kann sich im Gedräng verstecken.
Die Uhr hat’s eilig. Zifferblattes Rund
schreitet mit Zeigern wie am Schilf der Reiher.
Die Märkte wimmeln, von Hausierern bunt,
der Mond zerspaltet Nikotinrauchschleier.
Ein Haus, weiß wie ein Lachs, taucht ein in Nebelgrau.
Die Fensterlichter bleiben dunkel nun bis morgen.
Am Feldrand steht verharrend eine Frau,
im Rockschoß hat Kartoffeln sie verborgen.
So bleiern ist die Luft, gönnt Lungen Dasein nicht;
vor Rost quietscht eine Tür, vertreibt den Schlummer –
der Nacht blickt kurz noch nach ein faltiges Gesicht,
verbirgt in feuchten Händen sich vor Kummer.
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Schnee in mir
Doch wenn man irgendwann dir sagt,
es liege Schnee…
Schnee lieg auf der Geländer Schwarz,
auf Gehsteigen,
die aus den Mauerbögen schreien,
glaub es nicht.
Herbstwald, vom Blut des Wildes überströmt,
polternde Schritte (nur geträumt?)
auf ausgelegten Venenläufern.
Unter der Zunge deines Speichels Nachgeschmack –
nach Nichtgesagtem, Nicht-
durchdringung.
Tausendmal Nicht der frevlerischen Glut,
und beide sind auf ewig wir verdammt.
So Aug in Aug
musst du es ihnen glauben:
Schnee liegt, nicht draußen, doch in mir.