Gedichte
Dieter Krauses Gedichte sind dort am stärksten, wo sie eine augenblickhafte Lebendigkeit und Sinnlichkeit versprühen. Die strukturierte lyrische Sprache überrascht mit doppelbödigen Zeilensprüngen, mimetisch hergestellten Ambivalenzen, unverbrauchten Vergleichen und antinomisch mit den Inhalten verknüpften Wortschöpfungen. Am vorgefundenen Beispiel (Hölderlin, Kafka u.a.) orientiert, gaukelt Krauses Lyrik dem Leser nichts vor. Hier werden echte poetische Bilder evoziert, die das Gefühl wecken, dabeigewesen zu sein, in die Szene hineinversetzt zu werden ...
Dieter Krause: geb. 1961, Studium der Fernmeldetechnik in Leipzig, Lyrik, Prosa, Hörspiel, Nachdichtungen, 1999 Amsterdam Arbeitsstipendium, lebt bei Dresden
"Krause erzählt in einer gedrängten Sprache, in knappen Sätzen." Dresdner Neuste Nachrichten
"Je tiefer man sich auf Krauses Texte einlässt, desto geheimnisvoller werden sie, desto mehr funkeln sie in allen Farben." Heinz Weißflog, Ostragehege
"Gedichte als Arbeit in den Wort-Bergen" Ralf Julke, L-IZ
⇒ www.l-iz.de/Bildung/Bücher/2010/05/Arbeit-in-den-Wort-Bergen-Dieter-Krause-Farbkammern.html
Leseprobe:
Hüter des Feuers
Die Tiere schlagen einen Bogen
Seltsames Durchmessen des Pleistozäns
Der Regen hat keine Bleibe Am Feuer
züngeln Geschichten sinnlich
wie jedes gezähmte Wesen
In der Nähe der Flammen
auf einer Plane nachts im November
lese ich Gedichte im göttlichen Schein
warte auf ein verlöschendes Ende
weiter regnet es
Schwächer die Wärme und ich
lege den Band Ovid unter die Decke
harke zuletzt in der vergangenen Glut
Kein Mensch wird nachts mehr hier
sein Unbewohnter Platz
der nichts mehr sendet
Der Vorraum im alten Kino
ist rot gestrichen
ihm gehen die Geschichten aus
nur die Tische als Tupfer
Film ab die Sätze sind gleich
Das Ergötzen an Wiederholungen
die die Kassiererin anöden
Der Abräumer ist froh über jedes Glas
Der Taktblick zur Sanduhrattraktion
Das Licht verliert den Verstand
Das Filmband rotiert am Metallikon
Die Leuchtreklame bleibt
Die Kassiererin schließt ab
zieht ihr Forellenfell über
schlägt im Regen den Kragen hoch
geht am Park Richtung Schlossteich
Man hört die Schritte des Abräumers
bis auf Höhe der Schwarzerle
lange Abstände im Wegekies