Gedichte
Mit Zeichnungen von Jost Heyder
Dieser Gedichtband versammelt Texte von Regina Jarisch, die in den letzten Jahren am Rande des Alltags entstanden sind. In den Gedichten steckt die Suche nach den Wurzeln, nach dem Begreifen der Zeitläufe und der Gefühlswelten. Zweifel, Ängste, Wehmut, Glück, Liebe und Hoffnungen verweben sich zu Sprachnetzen, die einladen wollen in ein Nachspüren, in ein Nachdenken. Die Wörter tanzen und spielen, erfinden sich neu, schaffen Bilder und kehren sich ins Innen und Außen. Leicht und schwer verbinden sie Beobachtungsgabe und Humor, künden von Einsichten oder Begegnungen oder lassen Rätsel schweben.
Regina Jarisch: geb. 1956, in Magdeburg aufgewachsen, nach dem Abitur und einem Volontariat an einer Tageszeitung Studium in Weimar, 1990 bis 2018 Personalleiterin. "Das Schreiben ist für mich Überlebensmittel, es hilft mir, die Zeit und die Welt zu begreifen und das Nicht-Begreifbare anzunehmen." Veröffentlichungen: Der weite Himmel, Gedichte mit Bildern von Sabine Naumann, Künstlerbuch im Selbstverlag erschienen 2008; lauter leben, Gedichtband erschienen im ATHENA Verlag 2015; weitere Informationen auf: www.regina-jarisch.de
Jost Heyder: geb. 1954 in Gera, studierte Malerei und Grafik an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst bei Arno Rink und Bernhard Heisig, 1981 1. Preisträger der Wettbewerbsausstellung von Kunsthochschulabsolventen der DDR an der HfGB Leipzig, 1982 – 1984 Meisterschüler an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden bei Gerhard Kettner und 1989 – 1991 Meisterschüler an der Akademie der Künste Berlin bei Wieland Förster; weitere Informationen auf: www.jost-heyder.de
Stimmen:
"Diese Lyrik arbeitet mit stringenten Bilderfolgen, die ihr Verständlichkeit verleihen. Jarisch macht sich aus den Dingen das, was sie möchte, aber legt Spuren, den Sinn aufzuspüren. Ihre Poesie verliert sich nicht in einer unfassbaren Über-und-über-Bildhaftigkeit, sondern gewinnt Tiefe, so wenn die Dichterin auf Flaschenpost lauert, um den Weg zum Himmelstor »zur unbestechlichen zeit« verraten zu bekommen." (Peter Arlt, junge welt vom 15.12.2020)
"Mit leichter Hand zieht Regina Jarisch alles aus den Wörtern, ohne sie auszupressen. Sie verknüpft sie zu Netzen, Assoziationen schweben, darunter liegt ein Rhythmus, der eindringlich und manchmal von einer irritierenden Unwucht ist." (Anke Engelmann, LiteraturLand Thüringen)
Mit leichter Hand zieht Regina Jarisch alles aus den Wörtern, ohne sie auszupressen. Sie verknüpft sie zu Netzen, Assoziationen schweben, darunter liegt ein Rhythmus, der eindringlich und manchmal von einer irritierenden Unwucht ist.
Mit leichter Hand zieht Regina Jarisch alles aus den Wörtern, ohne sie auszupressen. Sie verknüpft sie zu Netzen, Assoziationen schweben, darunter liegt ein Rhythmus, der eindringlich und manchmal von einer irritierenden Unwucht ist.
Leseprobe:
die zeiten zerfransen mir in den erinnerungen
die wandeln rund oder wund im garten des mondes
dort wohnen die sonnentage und die schattenstunden
verwebt von den spinnen in meinem kopf verfangen
im ahnengezänk schleichen leis in meinem haus die
gespenster doch ein feenhaar weht an dem fenster
meine kinder flechten einen zopf daraus im heim
der trunkenen schwimmenden bilder der zeiten
vergangener winter und kommender sommer
im herbst meiner erdverbundenen tage säe ich aus
das vermahlene korn aus meinem mondgarten
die ernte gehört den kindeskindern die gleiten
am feenzopf ihrer eltern dahin wo ich nicht mehr
sein werde nicht mehr als ein staubkorn in einer
zerzausten teppichfranse oder ein spinnenbein
muscheln sammeln
im westen verschluckt sich die sonne
reißt die tanzenden handpuppen mit
die an den stricken der oligarchen
zappeln
die leinen werden geworfen
fest gezurrt
spielraum wird vermessen
entbehrlich das demokratentheater
ohne umwege die schamlosen griffe auf
mammon macht medien und magie
ein alphalachen aus
megaphonen beschwört
spieglein spieglein an der wand
tausend ringfinger fischen tumb
im millionen netz
angeln was sich kaufen lässt
ich falle linkisch rein in den köcher
mit meinen farbverschwommenen wünschen
fühle mich so grätenlos paniert
im osten schreit der mob
hebt trunken die grabschaufel
auf den thron
ein sauberer haarschnitt lacht über den
leichten fang
im wind fliegt dagegensein
kronos frisst wieder seine kinder
auf solche untergänge ist verlass
in unserer erdengier steigen die wasser
ertränke der trug
platzte der gier der schlund
gäbe es hinter dem westen einen aufgang
wäre ich gewappnet
gegen mobilen tastenkrieg und das
verschwinden im fremdbestimmten
es triebe mich
auszusieben das treibgut
ich sammelte muscheln steine
lauerte auf flaschenpost
die verriete
wie ich komme zum himmelstor
zur unbestechlichen zeit
tagesthemen
bilder und markige worte fluten
wenn drogen schüsse oder randale
stürme oder abstürze opfer bieten
bläst sich auf das mediale mitgefühl
ein ballon der platzt
an der nächsten ecke im café
die tageszeilen im schlaglichterschein
am tisch der kurzen gemeinsamkeiten
die klein und fein zerredet
zerfallen in ein mosaik
wenn einer fragt
nach grund und tun
jagen uns geschäftigkeiten
in den tag der keinen atem lässt für
viel gerede viel gefühl das
behindert kühle stirn dort
kleben eigne sorgen dahinter
rechnet das reichliche leben
in sauberen stuben
wo am abend wieder bilder wogen
worte lackierte betroffenheit streiten
flimmern tropfen neue tagesthemen
auf sesselplüsch und sofadecke
umnebeln sinne sprachverführend
wie süßer wein zum schlafengehn
schlürfen obendrauf noch baldrian
zur stillen nacht
sonst irrfeuert die welt in mein heim
und brennt mich ab in
meinem himmelbett