Apokalypse
Morgen kommt die Apokalypse auf TV Total. Schalten Sie ein! Ein nie gesehenes Spektakel erwartet Sie. Riechen Sie schon das Feuer? Es wird brennen. Lichterloh. Vertrauen Sie uns. Sie werden auf ihre Kosten kommen.
Ihre Sehnsucht nach Untergang wird gestillt. Garantiert! Wenn nicht, zahlen Sie keine Gebühren mehr. Für den Rest Ihres Lebens. Ist das ein Deal?
Wir von TVT werden Sie nicht enttäuschen. Asche wird als Staub vom Himmel fallen. Berge werden zerfallen. Der Deal gefällt Ihnen? Und uns noch mehr, da es nie so weit kommen wird. Ha, ha, ha! Entschuldigung, wir haben Gründe zur Annahme, dass gewisse Dinge nicht mehr relevant sein werden. Wer wird sich noch um Kleinkram streiten, wenn die Zukunft, die nichts anderes als Kontinuität bedeutet, nicht mehr eintreffen wird.
Aber überzeugen sie sich selbst. Morgen wird sich die Apokalypse ereignen. Sie werden sie mit eigenen Augen sehen und Sehen, dafür bürgen wir von TVT, ist Erleben.
Keine Angst, ihr Gerät wird nicht in die Luft fliegen. Aber die Apokalypse wird live ausgestrahlt. Sie werden mehr als beeindruckt sein. Ihre Kinder können auch dabei sein. Die Sendung ist nämlich jugendfrei. Nachhaltigkeit ist selbstverständlich unser Firmenideal. Das Erlebnis wird direkt in ihr Bewusstsein absinken. Dergestalt, dass ein Exit nicht vorgesehen ist. Jedenfalls wird sich erübrigen, ob Ihnen die Apokalypse gefallen hat.
Dennoch, sie können entscheiden, denn wir haben das einmalige Ereignis, das in ihrem Zimmer Realität wird, personalisiert. Sie haben auch hier Möglichkeiten. Sie können zum Beispiel das Vergessen wählen. Insofern bleibt alles offen. Natürlich wissen wir, dass das gegen die Regeln ist. Es könnte sie auf die Idee bringen, das hier sei eine Mogelpackung, ein Fake. Aber wir sind ja keine Unmenschen. Wir überlassen es ihnen, besser gesagt ihrer remote control. Wie wir auch die eschatologischen Erörterungen den Theologen und Dogmatikern überlassen. Sie kennen die Apokalypse nur vom Hörensagen, ihre Ausführungen über Finalitäten sind reine Gedankenspiele, wir aber erschaffen sie.
Neubeginn
Die Stille hat zugenommen. Und du bist schweigsam geworden. Aber nicht wie ein Grab. Gerade habe ich einen Laut vernommen. Ja du redest. Sprichst von Überstehen. Wie ich höre, willst du überleben in den nächsten Monaten. Und Jahren. Dein Vorhaben ist nicht zu verachten.
Selten wähnten wir uns in Sicherheit. Aber gerade scheint unsere Existenz kaum mehr als Gras. Ein Halm im Wind. Ein Fähnchen, das flattert. Augenfällig spürst du sie, die treibende Unruhe. Und die Rastlosigkeit. Sie wirft dich umher.
Wir können nicht sagen, dass uns die gesellschaftlichen Zumutungen abwürgen. Obwohl das Empfinden in die Richtung geht. Atmen kannst du zum Glück noch - ungleich anderer.
Ich kann nicht atmen, sagte Floyd, als der Polizist ihn zu Boden drückte. Floyd starb. Er hatte keine Wahl. Dennoch wurde er Beispiel und Beweis. Der Samen des Widerstands ging auf und Sportler wurden bewegt, niederzuknien. Sie wurden stärker. Und wir auch.
Andere sind weggesperrt. Oder liegen im Spitalbett, hängen am Atmungsgerät, am seidenen Faden. Wer darf sich beklagen? Wir atmen noch. Und sind doch gesund. An die Zukunft kannst du trotzdem nicht denken. Denn du bist dabei, die Gegenwart auszuhalten.
Ich weiss, das geruhsame Leben wäre dir lieb. Es mag dir, wie auch die Unbeschwertheit, erhalten bleiben. Aber die Leichtigkeit hat sich verzogen. Wer holt sie zurück? Lass uns die Luft küssen und umarmen. Die reine wie auch die verpestete. Schliesslich ist der Äther unsere Heimat! Ich weiss, Menschen wären dir lieber. Das Selbstverständliche ist gerade nicht gegeben.
Ist unsere schöne Welt am Schwinden? Bringen uns unsere Lieben in Gefahr? Wir wollen am Boden bleiben. Unsere Unversehrtheit war immer ungewiss. Inklusive Zukunft. Und Wohlergehen. Nur, wir bemerken eine leichte Verschiebung. Umstände ändern sich. Gewohnheiten gehen verloren. Menschen, geliebte wie ungeliebte, verschwinden. Das sind dann die neuen Konstanten. Auch unsere Zeitspanne hier unten steht in den Sternen. So nimmst du das Jahr, wie es kommt. Und verzweifelst nicht.