Die Geburt des surrealen Comic: Texte und Zeichnungen
Es gibt kein Richtig und Falsch, kein Yin und Yang, kein Tag und Nacht in Marion Quitz' Arbeiten. Sie sind frei von dichotomen Vereinfachungen und offen, eine Vielzahl von Lebensvorkommnissen, die in Form von Fabeln und Phantasien bildhaft codiert sind, stumm zu erzählen. Die Literatur, hier erstmals mit eigenen Texten vertreten, bietet Marion Quitz Anstöße zum Dialog, von dem aus sie immer wieder in die Einsamkeit des Monologs zurückkehrt und ganze Familien metaphysischer Figuren erfindet.
Marion Quitz: geb. 1969 in Burg, Besuch der sorbischen Oberschule, Studium der Malerei bei Prof. Sighard Gille, der Konzeptuellen Kunst bei Prof. Jochen Gerz und der Neuen Medien bei Prof. Alba d’Urbano an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, Reisen nach Italien und in den Nahen Osten, Mitbegründerin der Edition + Galerie Erata (mit Viktor Kalinke), lebt mit ihren 4 Töchtern in Leipzig
"Tiere und Mischkreaturen, die in der Verrücktheit ihrer Zusammenstellung die Schwierigkeiten bezeichnen, die mit Begehren, Freundschaft, Zerwürfnis, Brüchigkeit und Anerkennung einhergehen. Mann und Frau diffundieren, ihre Grenzen lösen sich in Marion Quitz' Welt auf. Ihr Hauptthema bleibt die 'kulturelle Kluft' zwischen beiden Geschlechtern, über die Worte keine Brücke schlagen können, um einander zu erreichen. Allein der Körper und der Traum sind imstande, in einen Austausch zu geraten, der die Schattenhaftigkeit der Begegnung übertrifft." Viktor Kalinke (Ostragehege)
Leseprobe:
Blinder Messias
Blitzt ein Faden der gewobenen Geste
zieht vorbei im Rausch des Moments
betritt das Tor im Rampenlicht
am Gang ist klar zu sehen
wer mit den besseren Waffen kämpft
Die Droge wirkt nicht mehr
der Verstand siegt mit Macht
versucht ein Lamm die Brücke zu überqueren
der Automat spuckt keine Karten aus
die den Boden betreuen könnten
Auf dem Marktplatz treffen Tanten Tanten
um wichtige Gespräche zu führen
Verbrechen kündigen sich an
ein schrilles Gebirge an aufsteigenden Tönen
verhallen im Tal des verstehenden Blickes
Eine angezündete Zigarette
füllt den Raum mit Ahnung
rollende Koffer gepackt zum Davonfahren
eine Kette rot und schwarz
im Akkord der fixierten Augenblicke
Erzählung kurz zwischendurch
und du glaubst nicht mehr daran
Verschneiden der Ungewissheit
verwickeltes Probieren, verqueres Sinnen
straffe Saiten, die Stimmung wird geprüft
Eine Oase der Besinnung
am Eingang des Hauses eine alte Frau
Hat sie jemals versucht zu verreisen?
Kurzes Gerinnen der Zeit im Glas ohne Stiel
Du bekommst ein Bier, aber die Frau
greift an Dir vorbei, du fällst, dein Bonbon auch
und schlägt langsam auf den Boden auf
Dein Auto ist längst ausgebrannt
und steht verschlossen zum Verschrotten
Der Prinz kehrt heim und verzweifelt
Holzpferde, die sich nicht reiten lassen
Meinst Du wirklich, dass ich dir beistehe
meinst Du wirklich, dass du mir Glück bringst
meinst Du wirklich, dass du findest was du suchst
Warum schläftst Du und trägst dein Weinglas?
Partitur der Verrückung der Stühle und Tische
Faire Gebärde des Verabschiedens mit beiden Händen
Verzweiflung der Manneskraft, süßes Geplänkel
Ferner Frauenkörper gebiert Gedanken
werden davongetragen, es wird Holz geschlagen
um sie zu verheizen, Zufriedenheit kehrt ein