Roman
Der Roman erzählt die Geschichte einer Liebe zwischen einer jungen Italienerin und ihrem Lehrer. Sie ist Mitglied einer Vierer-Bande von Studentinnen, die sich vorgenommen haben, den besten Mann zu finden: Er muß interessant und mindestens zehn Jahre älter sein. Sie ist Stipendiatin an seiner Hochschule. Den sie sich als Opfer ausgeguckt hat, könnte ihr Vater sein. Nahrungsergänzungsmittel machen ihn fit für sein Altersglück in jenem Sommer, in dem Italien in Deutschland Fußball-Weltmeister geworden ist. Und sie haben es nicht bemerkt. Natürlich stellt er sich die Frage, was diese Göre eigentlich von ihm will. Als sie ihm ihre Heimat, die Orte ihrer Jugend zeigt, "verbrennt" er, da er die Hitze der Insel und ihre Jugend nicht erträgt. Der Egoismus des Schlafs wird fort- und zu Ende geführt in die Einsamkeit, die Trennung im "großen Schlaf".
Herbert Kollenz: geboren 1949 in Schwetzingen, Abitur in Heidelberg, Scheffel-Preis für besondere Leistungen in Deutsch, 1969 – 1985 Volontariat und Ausbildung zum Antiquar, Spezialist für Alte u. Neue Kunst und Dekorative Graphik in einem Auktionshaus, 1986 – 1991 Studium der Germanistik und Philosophie, M.A., Unterricht in Deutsch als Fremdsprache an der Universität Gießen, Lehrbeauftragter am Internationalen Studienzentrum der Universität Heidelberg
"Der Leipziger Literaturverlag leistet sich, was man sich so wünscht von einem Literaturverlag: mutige Übersetzungsversuche, literarische Exkursionen und Entdeckungen abseits der großen Teiche der gerade geschlüpften Jungautoren. Das Ergebnis sind Bücher, die sich lesen lassen ..." Ralf Juhlke
⇒ www.l-iz.de/Bildung/Bücher/2009/08/Marmotta-oder-Das-gro%DFe-Gl%FCck-der-sp%E4ten-Liebe.html
Leseprobe:
In jenem Sommer ist ihr Land in seinem Land Weltmeister geworden. Und sie haben es nicht bemerkt. Inzwischen wissen sie es beide, und sie weiß jetzt auch, wie der Wasserspülkasten funktioniert. Wasserspülkasten, ein Wort wie Inhaltsverzeichnis. Denn für alles gibt es eine Losung. Eine Losung? Eine Lösung! Ihre Losung für alles ist – für alles gibt es eine Lösung.
Doch es ist und bleibt schwierig, in verschiedenen Zungen zu sprechen. So kommt es immer wieder zu Missstimmungen, wenn er einfach nicht kapieren will, was sie sagt. Deshalb bleibt manches unausgesprochen. Das hat auch seine Vorteile. Doch oft ist es hinderlich. In dieser Verlegenheit lernt er die unsinnigsten Vokabeln, marmotta etwa – das Murmeltier.
Mein erster Satz in deiner Sprache, sagt er, war pannelli di grande valore, non conficciare chiodi. Es steht an den Wänden der Güterwagen.
Und was heißt das?
Hochwertige Wandplatten, nicht hämmern, nicht nageln. Ich war achtzehn, ich hatte achtzehn Jahre, sagt er.
Du hast ihn vierzig Jahre nicht vergessen.
Ich hatte ihn jede Nacht vor Augen. Als Schüler verdiente ich bei der Post mein Geld. Das Beladen der Wagen mit Paketen war so eintönig; und das einzige, das ich dabei lesen konnte, war diese Warnung an den Wänden, pannelli di grande valore, non conficciare chiodi. Ich las es still, oder manchmal auch laut, um dieses neue Latein zu hören; es war in diesen Nächten meine einzige Lektüre.