Familienberatung und -therapie im Schnittfeld mit der Justiz Angebote für Betroffene, Beschuldigte und Angehörige
Ein Schwerpunkt der Arbeit der Kinderschutz-Zentren ist die Beratung von Familien, in denen Gewaltprobleme, Vernachlässigung, Mißhandlung oder sexueller Mißbrauch vorkommen. Häufig wird in diesen Fällen Anzeige erstattet, die zur Inhaftierung eines Familienmitglieds führen kann. Dadurch wird zwar unmittelbar die Konfliktlage entschärft, in der Folge treten aber in der Familie eine Reihe von Problemen auf, die nicht zur Lösung beitragen. Das Kinderschutz-Zentrum Leipzig hat Beratungsformen entwickelt, die auf die Lösung persönlicher oder familialer Konflikte ausgerichtet ist. Das Zentrum betrachtet die Arbeit mit den "Tätern" als Teil des "Opfer"-Schutzes.
Die Beratung kann im Zentrum, aber auch in der Hafteinrichtung erfolgen, reicht über die Entlassung aus dem Gefängnis hinaus und bezieht nach Möglichkeit die Gesamtheit der beteiligten Familienmitglieder ein. Die Fortsetzung therapeutischer Angebote in der Zeit nach der Entlassung steht in besonderem Interesse der “Opfer“. Anscheinend erweist sich justizieller Druck im Sinne von Bewährungsauflagen als Sekundärmotivation für Sexual- und Gewaltdelinquenten als notwendig, um die therapeutische Arbeitsbeziehung aufrechtzuerhalten oder überhaupt erst einzugehen.
Es erweisen sich klärende Gespräche als hilfreich, die sich nicht auf verbale Bekenntnisse des Gewaltprotagonisten beschränken, sondern Entschuldigungen im großen Familienkreis, Wiedergutmachungsleistungen an die Geschädigten und Änderungen des Konfliktverhaltens einschließen (Cloé Madanes). Die Angebote zur Begleitung der Familie umfassen Einzel-, Paar- und Familiengespräche, ein Sensibilisierungs- und Kompetenz-Training sowie Kunsttherapie und begleiteten Umgang und werden hinsichtlich ihrer Wirkung im Einzelfall testpsychologisch evaluiert.
Inhaltsverzeichnis:
Anliegen
Empirische Studien zu Delinquenz und Familie
Methodische Vorbemerkung
Kritische Familienverhältnisse
Erziehungspraktiken
Kinder- und Jugenddelinquenz
Desintegrationserfahrungen
Internationaler Stand der Therapie-Forschung
Zur Therapie-Erfolgsmessung bei Delinquenten
Besonderheiten bei Sexualdelinquenten
Behandlung im Gefängnis oder in Freiheit?
Angebote des Kinderschutz-Zentrums Leipzig
„Täter“-Beratung und -Therapie
Beratung für Angehörige
Kunsttherapeutische Gruppe
Familiengespräche für Jugendliche
Selbstkontroll-Training (SKT)
Begleiteter (geschützter) Umgang
Kollegiale Fallbesprechungen
Kontaktvermittlung
Therapeutisches Konzept
Verhältnis zu Justiz, Zwangskontext und Schweigepflicht
Prinzipien einer effektiven „Täter“-Behandlung
Psychologische Eingangsdiagnostik und Erfolgsmessung
Beratungs- und Therapietechniken
Deliktspezifische Herangehensweisen
Elemente des Selbstkontroll-Trainings (SKT)
Erste Ergebnisse
Zusammenfassung und Ausblick
Abkürzungen (Fragebogen „Konfliktverhalten-situativ“)
Ausgewählte Literatur