Gedichte. Aus dem Russischen von Bernhard Sames, Viktor Kalinke & Mala Vikaite
Lautpoesie in deutscher, russischer und Transrational-Sprache
In seinen sprachkünstlerischen Experimenten leistet Sergej Birjukov sowohl eine ‘poetische Kritik der Vernunft' als auch Aufbauarbeiten zur Konstitution neuer Zeichensysteme. Indem er seine Stimme 'instrumentalisiert', verkörpert Birjukov die ursprüngliche Personalunion von Musiker und Dichter - im besten Sinne poetische Grundlagenforschung.
Sergej Birjukov: geb. 1950 im Tambover Gebiet (ehem. Sowjetunion), 1970 Debüt als Dichter und Literaturkritiker, 1974 Abschluß des Studiums an der philologischen Fakultät der Pädagogischen Hochschule Tambov, 1974-1981 Kunst- und Literaturkritiker für die Jugendzeitung Tambov, 1981 Gründung des Literaturstudios „Das Wort“ in Tambov, seit 1985 Veranstalter von Festivals und Konferenzen zum Thema der Avantgarde, 1990 Gründung der internationalen Akademie für Transrationale Sprache (Akademija Zaumi), 1991-1998 Lehrtätigkeit an der Staatlichen Universität Tambov (linguistische Poetik, Theorie der Avantgarde, Seminare zu V. Chlebnikov, E. Guro und V. Majakovskij), 1994 Promotion in Literaturgeschichte und -theorie, 1998 Umzug nach Halle/Saale, 2000 wissenschaftliches Praktikum an der Universität Halle im Rahmen des Akademikerprogrammes der Otto-Benecke-Stiftung, seit April 2001 Lehrtätigkeit am Institut für Slavistik der Universität Halle, lebt in Halle
"Sergej Birjukov, der 1968 als 18-Jähriger über einen Lehrer erstmals Kontakt mit der Literatur der russischen Avantgarde bekam - die dadaistische und futuristische Literatur war zwar nicht im Buchhandel, aber man konnte sie in der Leninbibliothek lesen und abschreiben! - ging den klassischen Weg über Theater und Literaturstudium und unterrichtet heute an der Universität Halle russische Literatur. Birjukov verwendete die Gedichte und Dialoge aus seinem neuestem zweisprachig russisch-deutschen Gedichtband „Jaja, Dada“ als „Partitur“ für seinen Vortrag: Gedichte über Dada, Hugo Ball, Chlebnikov, Kostroma, Unterwassergedichte, Metroverse, absurde Dialoge, Texte die sich auflösen in pure Lautmalerei, Konsonanten in anschwellendem Gesang plötzlich Eigenwert gewinnen. Dies reicht bis zu verfremdetem „Liturgischem“ Gesang oder aber zu einem Sprechgesang, der Wörter wie Peitschenhiebe in den Raum stellt, um sie dann in ihre Bestandteile zu zerlegen, die Struktur bis hin zu den einzelnen Buchstaben in abschwellender Intensität zu untersuchen." (Oberbayrisches Volksblatt)
Leseprobe:
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Gespräch 2
Er: Wenn auch Sie verstehen, was ich nicht sage, sagen Sie „Ja“
Sie: Ja.
Er: Sagen Sie mir auch nicht das, was ich nicht sage?
Sie: Ja.
Er: Ende des ersten Aktes.
Sie: Sie sagen es mir nicht, und ich sage es Ihnen nicht.
Er: Wir sagen es einander nicht. Wir schweigen.
Sie: Ende des zweiten Aktes.
Er: Also, ich sage Ihnen nicht das, was ich sagen möchte. Diese Worte reißen mich in Stücke.
Sie: Ich sammle Sie stückchenweise auf.
Er: Böse Ironie des Schicksals. Sagen Sie, was wir machen sollen. Ich kann sogar das Fragezeichen nicht setzen.
Sie: Ja.
Er: Ja.
Beide: JAJA.
(Deutsch von Bernhard Sames)
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Unterwassergedichte
Salzmeer, Salzmeer
Ansichtskarte her
zitterndes Gras
und dies und das
stark, ja stark
oh was ist dort
noch
was ist dort
noch
am Horizont
der Tag
Sonnenstrahlen
die aufsteigen
aus dem Meer
(Deutsch von Viktor Kalinke)