Gedichte
Reverenzen und Referenzen
In diesem Band erweist Wolfgang Eschker heimlichen Vorbildern und Antipoden seine Reverenz, u.a. Gottfried Benn, Bertolt Brecht, Gottfried August Bürger, Miloš Crnjanski, Mak Dizdar, Jürgen Eggebrecht, Stefan George, Jacob Grimm, Ludwig Hölty, Ricarda Huch, Peter Huchel, Karl Immermann, Sergej Jessenin, Hermann Lenz, Georg Christoph Lichtenberg, Desanka Maksimovic, Gustav Nagel, Koco Racin, Brigitte Reimann, Peter Rühmkorf, Theodor Storm und August Stramm. Es sind präzise Texte, frei von Ich-Zentriertheit, minimalistisch auf den Punkt gebracht.
Leseprobe
Haining
Ludwig Hölty
Einst wies die Klage der Philomene
den Weg mir zu seinem Grab.
Wie soll ich es finden, jetzt,
da keine Freundin mehr klagt.
Treu und redlich war er immer,
bis an sein unbekanntes Grab.
Dreihundertfünfundfünfzig
Rosen auf den Weg gestreut.
Über den Hügel, tief in den Hain
schleppte er hartnäckig seinen Husten.
Vergeblich die berühmten Molkenkuren
des königlich Leib- und Seelenarztes.
Hustete in sieben Sprachen,
dies einzig wahre Dichtergenie.
Das Klirren seiner Fahne
trug der Wind bis hin zu Hölderlin.
Die kleine Harfe aber, mit dem roten Band,
tönt weit über Voß, seinen Freund, hinaus.