Gedichte. Mit einem Nachwort von Axel Helbig
Exklusiver Band in künstlerischer Aufmachung und Fadenheftung.
Für Uwe Nösner ist die Dichtung eine Möglichkeit, den "gelebten Augenblick ins Unermeßliche zu steigern, das meßbar Zeitliche - das ist: das Vergängliche - zu bezwingen." Dichten wird so zum existentiellen Vorgang, zu einer Lebensform. Die Wörter werden verwundbar.
"Darin unterscheide ich mich vom Schriftsteller als ernstem Arbeiter, daß sich die Wörter nicht aus meinem Leben lösen ..., sondern Ich bleiben, Deutung und Aussage meines ganz eigenen gegenwärtigen Lebens, Versprachlichung meines Lebensgedankens, Formwerdung dessen, was hinter meinen Handlungen liegt, Betonungszeichen inneren Vorgangs, Vertiefung ins Äußere." (U. N.)
Uwe Nösner: geb. 1960 in Dresden. 1977-1980 Bauarbeiter, Krankenpfleger, Totengräber. 1981-1990 Redakteur der Tageszeitung „DIE UNION“, Betreuung des lyrischen Feuilletons und Erstveröffentlichung der Tagebücher Victor Klemperers aus der Zeit des Nationalsozialismus. Lebt als Redakteur in Dresden.
"Nösner ist der sprachmagische Weltenwanderer, der Landschaft und Ding so zu sagen weiß, daß sie wahr werden. George, Rilke, Novalis, mit diesen Einsamen der Dichtung eint ihn das geistig Weite und philosophisch Komplexe, das augenblicklich ist und auch schon zukünftig. Hier zeigt sich Nösners hochpoetische Meisterschaft, spannt er scheinbar mühelos den Bogen über 4000 Jahre Menschheits- und Kunstgeschichte und bleibt trotzdem Dichter des Einzelnen." Uta Wiedmann (Dresdner Neuste Nachrichten)
Leseprobe:
Gleichnis
Ich lebe stets auf schmalen Brücken
Und grab mein Werden in den Sand
Der Ufer, bis es ausgespannt
Sich spiegelt auf des Stromes Rücken.
Hier bin ich fremd, nur flüchtig Gast,
Doch lieb ich deine Schwere, Erde,
Zeug Worte ich, zügelnd die Hast
Des Stromes, daß er Spiegel werde.
Ich leihe meinen Worten Bögen,
Setz Säulen, bürgend ihrem Halt.
Noch schweigen, die darüberzögen.
Noch ringe ich um die Gestalt.
Entfaltung
Will keine Silbe meinem Mund ersparen,
Kein Schrittbreit meines Wegs für mich behalten,
Mein Hiersein wachsen fühlen an den Jahren,
Das Leiseste in mir vor euch entfalten.
In allen Strömen lebt ein solch’ Beginnen:
Ein Quellen-Hören und ans Meer Verschwenden.
Dies sei auch mir: Ich will nach Innen
Und mich im Äußersten vollenden.
Die ersten Nächte
Die ersten Nächte, die wir wirr durchwacht,
Besitzen uns wie große erste Lieben.
Einmal erwachen wir und sehn: Sie blieben,
Indes sie uns ganz leise umgebracht.
Wir hatten jeden dunklen Schritt bedacht
Und mußten doch noch vor dem Licht erliegen.
Im Dämmer stritten wir, war Träumen Siegen.
Es schrie die Pflicht: Verloren war die Schlacht.
So gehen wir die müdgewordnen Straßen
Und münden ein in die Unmündigkeit,
Verzehren still, was wir einmal besaßen,
Verbergen stumm die Bücher, die wir lasen
Und streichen unsre Ziele aus der Zeit –
Wie jene tot, die wir in uns vergaßen.
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