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Kalinke, Viktor: nichts ist besser

ISBN:
978-3-86660-272-4
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Gedichte

Mit 25 Foto-Graphiken

"Die Lyrik von Viktor Kalinke ist kein ›War with the Obvious‹ (William Eggleston), sie mag keine Kriegsrhetorik, denn sie ist eine Erbin der Engel, Vermittlerin zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem, ein Spiel mit dem, was offensichtlich verborgen bleibt." Theodor Holz

„Es hat schon echt den Charakter einer Sprache: Man kommuniziert mit Fotos. Es ist nicht mehr so, daß man Fotos macht und zeigt sie bei einem Diaabend und erzählt damit Geschichten. Es ist wirklich das Kom­munizieren mit Fotos, es ist Mitteilung, es ist Info, manchmal ist es ›magic‹.“ Barbara Köhler

Viktor Kalinke: geb. in Jena, Studium der Psychologie und Mathematik in Dresden, Leipzig und Beijing, Kreativitäts-Preis der Hans-Sauer-Stiftung, Mitbegründer der Edition + Galerie Erata, Promotion, Professur, lebt in Leipzig.

Leseprobe:


Berlin : wieder

 

nirgends einsamer als in Berlin

mit Tausenden : eingesperrt

in die Waggons der Untergrundbahn : kreischend

ob der dicklichen Mutter : die mit dem Wagen

 

die Wege verstellt : ein junger Mann

reißt dir : mit verdrehtem Blick

die Tasche von der Schulter : keiner

rührt sich : dieses Verlassensein

 

kennen wir schon : die Krankheit

des neunzehnten Jahrhunderts : als die Bauern

ihre Hütten verließen : um in die schönen

neuen Mietskasernen zu ziehen : Medizin-

 

männer & weise Frauen erwecken in den Museen

untergegangene Gesellschaften : während der gemeine

Mann im Biergarten schwitzt : als hätte es

Preußen & seinen Kulturbesitz nie gegeben



kleine Freuden : zum Fest

 

im Keller : die Kindheit : morgen

kehrt Vater aus der Dämmerung zurück : vergebliche

Hoffnung : keine Sauna heizt so ein

 

daß sein Hirn wächst :  stecken bleibt

der Familienfriede im schwellenden : rot anlaufenden

Hals : dieser Diktator hat nichts mehr zu sagen

 

die Kinder bekommen ihre Austicker : die Frau

weiß sich zu wehren mit Willkür & Hilflosigkeit

im rechten Moment : sie bringt das Hirn

 

zum Schwellen : die Kindheit heizt uns kräftig

ein : ihm & mir & ihr : im Keller

stapeln sich die Dämmerungen



Gecken brausen


s
ie hocken hinter hohen Hecken : wie friedlich
diese Welt : die Kinder spieln Verstecken
hinterm Grün : der Rasenmäher brummt


sie fühln sich wohl bis zum Verrecken : schaurig
grüßt im Fernsehn ein Verbrechen : hier ist es ruhig
nur die wilden Gecken brausen auf Motorrädern

vorbei : so geht der lange Tag im Sommer
schnell vorüber & sie lecken ihre Eis-
kugeln : es bleibe rund die Welt & voller Ecken



nichts ist besser

 

nichts ist besser als alles

ich will nicht alles haben

ich kann nicht alles haben

 

alles macht mich alle

lieber ein bißchen nichts

als von allem etwas

 

aus nichts kann alles

erwachsen : alles kann nur

weniger werden


Brodsky’s Witwe

 

lest Poesie nicht mit der Lupe : sagte Brodskys Witwe

nicht mit der Lupe der Biographie & sie verbrannte

alle Fotografien von sich : nicht von ihm

 

er liebte es zu posieren : vor den Quetzalmäulern

in Teotihuacan : vorm Capitol

in Rom : vor den Büroetagen

 

in Manhattan : mit einer Kuh

in Archangelsk : die Freunde von der geologischen

Exkursion ließen sich ablichten : mit ihm

 

& später die Dichterfreunde : aus Vilnius

& New York : nur Maria fehlt

als hätte er sie : als hätte sie ihn nicht gekannt



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