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Correia, Hèlia: Das dritte Elend

ISBN:
978-3-86660-265-6
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Poem

Aus dem Portugiesischen von Michael Kegler

Zweisprachige Ausgabe


Hélia Correias Hinwendung zur Poesie ist ein Streifzug durch Menschheitserinnerungen. Dies erklärt den Titel dieses Poems, das in dreiunddreißig Abschnitte unterteilt ist:

Das dritte Elend ist dieses von heute.
Das derer, die nicht mehr hören, nicht fragen,
Derer, die nicht erinnern.

In unserer Selbstvergessenheit spiegelt sich der gegenwärtige Sumpf, in dem Demokratien versinken. Die Agora, der edle Raum der Polis, hat seine Bedeutung verloren, ist kein Maßstab mehr für demokratische Ethik. Dieses Buch ist eine Hommage an Griechenland. Es greift „das hellenische Thema“ auf, erkennt in der Zerstörung Griechenlands einen Schrei als Warnung vor dem Schlimmsten, was das ökonomisch verwaltete Europa bewirken kann: den Verlust der Souveränität und das Versagen der Demokratie. In kristalliner Sprache beschwört Correia die Tiefe und Schönheit des griechischen Denkens, dieser mythischen Heimat Europas, wie Byron, Hölderlin, Nietzsche und viele andere sie besungen haben.

Hélia Correia: geb. 1949 in Lissabon, Vater verfolgt und inhaftiert unter Salazar, Studium der Romanistik und Dramaturgie, seit den 1980er Jahren Romane, Novellen, Theater und Poesie, Auszeichnungen: u.a. 2001 Prêmio PEN Clube, 2006 Prémio Máxima de Literatura, 2015 Prémio Camões, gilt als eine der bedeutendsten Gegenwartsschriftstellerinnen Portugals. Für Das dritte Elend erhielt sie 2013 den Prémio Litarário Casino da Póvoa.

Michael Kegler: geb. 1967 in Gießen, wuchs bis zum 10. Lebensjahr in Brasilien auf, studierte in Frankfurt am Main, übersetzt seit 1992 aus dem Portugiesischen, erhielt 2014 den Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW und 2016 gemeinsam mit Luiz Ruffato den Internationalen Hermann-Hesse-Preis.


Leseprobe:


1.


Para quê, perguntou ele, para que servem

Os poetas em tempo de indigência?

Dois séculos corridos sobre a hora

Em que foi escrita esta meia linha,

Não a hora do anjo, não: a hora

Em que o luar, no monte emudecido,

Fulgurou tão desesperadamente

Que uma antiga substância, essa beleza

Que podia tocar-se num recesso

Da poeirenta estrada, no terror

Das cadelas nocturnas, na contínua

Perturbação, morada da alegria;


1.

Wozu, fragte er, wozu nützen

Dichter in dürftiger Zeit?

Zwei Jahrhunderte sind über die Stunde vergangen,

In der diese halbe Zeile geschrieben wurde,

Die Stunde der Engel nicht, nein: die Stunde,

In welcher der Mond über dem verstummten Hügel

So verzweifelt geleuchtet hat,

Gleich einer antiken Substanz, diese Schönheit,

Die mit Händen zu greifen war in einem Winkel

Der staubigen Straße, im Schrecken

Der nächtlichen Hündinnen, in der beständigen

Störung, dem Ort, in dem Freude wohnt;

2.


Essa beleza que era também espanto

Pelo dom da palavra e pelo seu uso

Que erguia e abatia, levantava

E abatia outra vez, deixando sempre

Um rasto extraordinário. Sim, a hora,

Dois séculos atrás, em que uma ausência

E o seu grande silêncio cintilaram

Sobre a mão do poeta, em despedida.


2.

Diese Schönheit, die auch ein Erstaunen war

Über die Gabe des Wortes und seines Gebrauchs

Das anhob und stürzte, sich erhob

Und abermals stürzte, mit jedem Mal

Eine besondere Spur hinterlassend. Die Stunde

Vor zwei Jahrhunderten, in der eine Abwesenheit

Und ihre große Stille funkelten

Über der Hand des Dichters, zum Abschied.


3.


Tardia já, pois não restava mesmo

Uma desolação, eco nenhum,

Somente um coração que enlouquecia

Como que por amor, exactamente

À maneira do amor, havendo mesmo

Uma mulher, Diotima, transmigrada

Não pela alma, não pela essência,

Mas pelo que há no corpo do volume

Da estátua, sacralíssimo e terreno,

E duradouro, e pronto a apodrecer.


3.

Es wurde spät, doch es blieb nicht eine

Untröstlichkeit, nicht ein Echo

Nur ein Herz, das den Verstand verlor,

Ganz wie aus Liebe, genau so

Wie es die Liebe tut, und es gab sogar

Eine Frau, Diotima, wiedergeboren

Nicht durch die Seele, nicht als Essenz,

Sondern tatsächlich im Körper

Der Statue, heilig und irdisch,

Beständig und zu verfaulen bereit.

 




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