Roland Lampe
Glück ist das Ende aller Poesie
Ich machte ein eindeutiges Angebot – sie lehnte energisch ab.
Daraufhin schlich ich gesenkten Hauptes und wunden Herzens nach Hause, um dort ein todtrauriges Gedicht zu schreiben.
Man stelle sich einmal vor, sie wäre auf mein Angebot eingegangen: Glück ist das Ende aller Poesie.
Arie
Ich bin ein Opfer der korrupten Gesellschaft, meiner restriktiven Erziehung, der allgemeinen Krise, und jeglicher Zukunft natürlich auch.
Ich bin ein Opfer, und wer mir das nicht glaubt, dem haue ich eins in die Fresse!
Abschied von B.
Meine Mutter rief an und lud mich zum Essen ein. Bring doch B. mit, sagte sie.
Mit der habe ich keinen Kontakt mehr, erwiderte ich, die ist jetzt mit einem meiner Freunde zusammen.
Ach da darf man nicht traurig sein, sagte meine Mutter, es gibt Eisbein mit Sauerkraut.
(aus: Glück ist das Ende aller Poesie, © Edition ERATA 2005)
Aus: Alles dreht sich um nichts
Pilze suchen
Der eine sucht Streit, der andere sucht die Wahrheit, ich suche Pilze.
Es soll ja Leute geben, die haben, während sie Pilze suchten, die Wahrheit
gefunden.
Es soll auch Leute geben, die haben, während sie Streit suchten, die Wahrheit
gefunden.
Und es gibt Leute, die suchten die Wahrheit und begannen sich zu streiten,
um die Wahrheit zum Beispiel.
Und es gibt auch Leute, die suchten Pilze und begannen sich zu streiten,
um einen Pilz zum Beispiel.
Aber ich habe noch nie von Leuten gehört, die Streit suchten und Pilze fanden.
Und noch nie von Leuten, die die Wahrheit suchten und Pilze fanden – nicht
einmal einen giftigen.
Was sind schon Worte
gegen Moneten, mit ihnen kann ich nichts kau-fen, kein Butterbrot, und um die Welt nicht reisen, wer aber die Moneten hat, kann meine Worte drucken, oder auch nicht, sondern Golf spielen oder Truthahnschenkel essen.
Was sind schon Worte gegen Fäuste, wer sie nicht hören will, versperrt die Ohren sich, und wer nicht lesen, sieht nicht hin, so einfach ist das, ein Faustschlag aber, und ich liege wortlos flach.
Was sind schon Worte gegen Worte, wer drei-mal lügt, dem glaubt man, und
Gehör findet, wer am lautesten schreit.
(aus: Alles
dreht sich um nichts, © ERATA 2008)