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Thomas Kunst


Lässigkeit und Ende. Ein Monolog

Ich sage ja nur. Ich sage doch nur. Siehst du sie nicht. Siehst du sie denn nicht. Aber ich sage immer nur. Ich sage nur halbrosa. Ich sage nur Wintergarten mit Gott. Ich sage nur Asien. Nur Rom. Ich sage nur kein Europa der Welt. Ich sage immer nur. Ich sage nur häng nicht so an mir. Ich sage nur Engel des Wassers. Nur Fee von der Wiederkehr. Ich sage nur Glück. Nur Lametta. Nur trink dieses Glas noch aus. Ich sage nur Wellblech und Lilien. Nur dans le lit. Ich sage nur jüdische Grenzen. Ich sage nur Schneenutten. Ich sage nur ultimativ. Ich sage immer nur. Ich sage nur deine Haare bei Schostakowitsch. Ich sage nur zlahtina chambre. Nur jetzt leider nicht. Nur mach dein Rom noch aus. Dein Arizona. Dein Asien. Ich sage nur Brüderchen. Nur keine Bescheidenheit. Nur lass mich in Ruhe. Ich sage nur lieb mich nicht mehr. Ich sage immer nur. Ich sage nur Küchentisch. Nur Ostküste. Ich sage nur ferne Länder. Nur Schaum. Nur Familienunterbrechung. Ich sage nur sinnvolles Tochterkind. Ich sage nur Tagebuchhotels. Ich sage nur halbrosa. Nur Hass. Nur Bureausterne in den Fabriken. Ich sage immer nur. Ich sage nur Schnaps ohne Städte. Ich sage nur Regen. Nur Schrittempo. Nur ohne zu bumsen. Ich sage nur genau richtig. Ich sage nur verhältnismäßig weit. Ich sage nur wohl im Moment noch nicht. Ich sage nur Stühle im Winter. Ich sage nur Jazz. Nur mach doch endlich was aus deinen Nächten. Ich sage nur Luise. Nur Stolz. Nur Tod. Nur Monatsgift. Ich sage immer nur. Ich sage nur von Anfang an. Ich sage nur Ende September. Ich sage nur, ich hätte dich wohl besser nie. Ich sage nur Sekt. Nur Zentrum. Nur Sushi. Ich sage nur keine Müdigkeit für Wiederholung. Ich sage nur Filme im Winter. Nur Filme im Winter. Die Filme im Winter. Nur Filme. Nur Winter. Ich sage nur Filme. Ich sage nur Winter. Ich sage nur Filme. Die Filme im Winter. Die Filme. Die Winter. Nur Filme. Nur Winter. Siehst du sie nicht. Siehst du sie denn nicht. Du, ich rede mit dir. Es könnte doch einfach sein, ich rede mit dir. Siehst du nicht diese ultimativen Zugeständnisse an den Flüssen. An all deinen Meeren. Die sture Hilflosigkeit einer vereinzelten Zuneigung. Die späte Anteilnahme der Verlegenheit am Trost. Diese unüberwindlichen Zugeständnisse einer wirklichen Liebe. Siehst du sie denn nicht. Ich rede mit dir. Wo auch anders als an den Flüssen. Und an jedem deiner Meere. Kein Mut hört zu. Kein Gott der Gegenseitigkeit gibt acht. Kein Wunsch hält eine zweite Fieberkurve ein. Nicht die geringste Orchidee von dir benimmt sich in den Nächten auch nur halbwegs proletarisch. Woran ich das merke. Woran ich das merke. Siehst du sie denn nicht. Es könnte doch immerhin sein, ich rede mit dir. Über die unvermeidliche Schönheit zufriedener Fabriken. Über die jüdische Gelassenheit von allgemeinen Bäumen. Blut und die Reste von Schnee. Jazz und die Reste von Blut, Schnee und Jazz. In den hohen Steinen deiner Städte hat sich mein Bureau verkantet. Holzgeflechte, Strom und selbst die abgebremste Leidenschaft zu großer, ungestümer Seidenwürfel. Wenn ich mal Zucker brauche, gehe ich runter. Wenn ich mal Pferde brauche, gehe ich hoch. Du schläfst doch noch nicht. Du hast doch noch eine Drehung für mich, mein Stern, ein Zucken und ein Schweifen, ein Schleifen ohne Lässigkeit und Ende.

(Auszug, aus: V. Kalinke & M. Quitz (Hg.), Erst die Linke, dann die Rechte, © ERATA 2000)

 

 


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