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Interview

Ich habe geküßt und geliebt und gesprochen, gesungen, gelebt

Gespräch mit Gertrud Katzenstein am 1. 7. 2006

Viktor Kalinke: Was ist für dich der Ort, an dem du gerne schreibst, also der bevorzugte Ort? Bist du eher eine Schreiberin, der unterwegs, die Ideen, die Inspirationen kommen, auch wenn du es unterwegs noch nicht aufschreibst, aber das Geschriebene entsteht schon vorformuliert als Spur im Gedächtnis? Oder bist du eine seßhafte Schreiberin, die ihren festen Platz braucht?

Gertrud Katzenstein: Sowohl als auch. Ich kann am besten schreiben, wenn um mich herum sehr viel passiert. Aber das sind dann immer nur die Studien. Dieses wirkliche Festmachen passiert nur in der Ruhe. Aber die Inspiration kommt natürlich von draußen, klar. Wie sagte Ernst Barlach so schön: „Ich hole mir das Zeug von der Straße“.

Viktor Kalinke: Welche Orte waren für dich wichtig? Wir sind ja gerade in Berlin.

Gertrud Katzenstein: Das stimmt schon, nach einer Reise ist immer etwas passiert bei mir, das stimmt, aber oft hängt es damit zusammen, daß es Orte der Extreme sein müssen, der extremen Erfahrung. Es ist nicht daran gebunden, daß ich als Tourist irgendwo hinfahre, ganz im Gegenteil, das macht mich eigentlich tot. Es sind die Orte, von denen man gar nicht unbedingt erwartet, daß man plötzlich etwas darüber zu sagen oder zu schreiben hat. Ja, aber es stimmt, ich bin ein Typ, der nicht ständig überall hinreist – da bin ich, glaube ich, anders als du –, sondern, der immer wieder gleiche Orte aufsucht. Man kann die Länder, die ich freiwillig bereist habe, an einer Hand abzählen, und da gehe ich immer wieder hin: Georgien, Italien, tatsächlich Rumänien, Polen. Eigentlich sind es mehr die östlichen Länder, doch Spanien gehört auch dazu. Aber es ist eher Zufall, daß Spanien dazugehört. Für mich sind es auch eher die nordischen Länder, also die skandinavischen Länder. Ich muß zu meiner Schande sagen, daß ich nur einmal durch Frankreich durchgefahren bin. Viele Länder habe ich überhaupt nicht wahrgenommen. Auch in Griechenland war ich nur einmal, und es hat nicht gereicht, etwas schreiben zu können, nur für ein Aquarell.

Viktor Kalinke: In welcher Form treten diese Länder mit dir in Beziehung? Inwiefern nehmen sie Einfluß auf dein Schreiben? Georgien, Italien – sind das für dich zwei extreme …

Gertrud Katzenstein: … kulturelle Erfahrungen ...

Viktor Kalinke: … oder sind es Menschen, die dich dort interessieren, Freunde?

Gertrud Katzenstein: Vor allem kulturelle Erfahrungen. Freunde weniger, also ja, vielleicht auch, aber es hatte nichts mit der Freundschaft zu tun. Ich glaube, vielleicht sind es genau die Länder, die mich besonders inspiriert haben, in denen ich mich ganz unauffällig bewegen kann, weil ich für eine gehalten werde, die dazu gehört. Das ist sehr günstig. Nun spreche ich überhaupt kein Georgisch, also muß ich mich recht unauffällig benehmen. Dadurch werde ich ganz automatisch zur Beobachterin. Ich muß dazu sagen, daß ich diese Länder eigentlich fast nie als Tourist bereist habe, sondern immer mit einem Arbeitsauftrag und anschließender Erholung dort war. Vermutlich würde ich gar nicht inspiriert sein, wenn ich mich ganz stupide irgendwo niederlasse, um mich einfach nur zu erholen. Leider kann ich das noch nicht, das muß ich wirklich lernen, aber ich kann es noch nicht. Ich denke, es ist speziell in Georgien so, was für mich bislang das wichtigste Land geblieben ist. Es ist diese Kulturgrenze zwischen östlicher und westlicher Kultur, zwischen Islam und Christentum, wobei Georgien eines der ältesten christianisierten Kulturen unseres Erdballs ist. Aber dieses Christentum ist ein östliches, und es lebt im Alltag. Es lebt nicht von seiner Institutionalisierung, sondern von einer Ritualisierung. Das ist so schön und so köstlich und entspricht in etwa dem, was ich mir immer gewünscht habe oder was ich sonst nur aus der Literatur kenne, nicht gelebt habe. Aber vermutlich ist es in Georgien jetzt nicht mehr so, nach dem Bau der amerikanischen Pipeline.

Viktor Kalinke: In welchem Zusammenhang stehen diese Beobachtungen zu deinem Schreiben? Du bist ja in einer Rolle als Beobachterin, wenn du dich vom äußeren Anschein her unauffällig bewegen kannst im Land.

Gertrud Katzenstein: Das mach ich, genau. Das ist aber nur, wenn ich den Alltag beobachte. In dem Augenblick, wo ich mit Leuten in Kommunikation getreten bin, war immer klar, wer ich bin und was ich mache. Dann konnte man auch Russisch radebrechen. Die Leute dort sprechen auch phantastisch Deutsch, also mußte ich nicht einmal diese Anstrengungen machen, was auch schade war. Denn, wenn man in seiner eigenen Sprache parliert, geht vieles von den anderen verloren, weil sie sich auf dich einstellen. Insofern war es immer ein schönes ausgewogenes Erlebnis, einerseits auf hohem Niveau mit georgischen intellektuellen Künstlern und dergleichen zu reden, und andererseits ist es sehr viel ergiebiger, das Leben auf der Straße zu erleben. Das findet im Süden sowieso viel intensiver statt als hier im Norden. Durch dieses der Natur Ausgesetztsein, haben sie ein ganz anderes Verhältnis zum Leben. Das Leben zählt nicht so viel wie hier. Ich denke, das wird in Afrika genau so sein... Nicht ohne Grund kündigt man Otar Iosseliani – ein Filmregisseur, der seit zwanzig oder dreißig Jahren in Paris lebt – als afrikanischen Filmregisseur an. Offenbar ist Georgien im westlichen Bewußtsein schon Afrika.

Viktor Kalinke: Wie hast du zu schreiben angefangen? Wie bist du dazu gekommen, Gedichte zu schreiben? Was war für dich der Ausgangspunkt? Wie alt warst du da?

Gertrud Katzenstein: Kann ich sagen, das war im Jahr 1973, im Jahr der zehnten Weltfestspiele. Also ich muß sagen, daß ich es sehr bedauert habe, als Kind nicht lesen zu können. Ich habe diesen Tag herbeigesehnt, endlich lesen zu können. Und es war auch das einzige Fach, in dem ich sofort eine eins hatte. Man mochte mich da nicht in meiner Schule. Aber es war wohl sehr auffällig, daß ich nach drei Wochen fließend lesen konnte, weil es einem so unglaublichen Bedürfnisses von mir entsprochen hatte. Dieses Lesen bedeutete natürlich auch, gleich schreiben zu müssen. Nun kam aber eine Sache erschwerend hinzu. Ich habe tatsächlich als Kind angefangen, zu schreiben, und wurde von einer Lehrerin dahingehend auch sehr unterstützt. Aber dann, zur Zeit der Pubertät, kam etwas Komisches ins Spiel, einerseits die Angst davor, nicht genügend sagen zu können, sagen zu haben, nicht genug gedacht zu haben, um überhaupt schreiben zu können. Es ist immer so eine Unsicherheit: Was ist es überhaupt wert aufgeschrieben zu werden, nach alldem was es schon gibt, vor allem in der deutschen Sprache. Die zweite Sache war auch eine ganz profane, die Angst verbotene Gedanken zu haben. Die hat mich sehr lange verfolgt. Ich hatte ständig die Angst, ich denke etwas, was nicht erlaubt ist.

Viktor Kalinke: Durch den Staat?

Gertrud Katzenstein: Ja, durch den Staat. Und dann hatte ich auch ein niederschmetterndes Erlebnis, was auch eine Zäsur bewirkt hat. Ich hatte seit meinem elften Lebensjahr ein dickes Buch angelegt. Dieses Buch war gefüllt mit Geschriebenem – Gedichte wäre vielleicht zuviel gesagt. Auf jeden Fall versuchte ich, so etwas wie Gedichte zu machen. Eines Tages verliebte sich der Sohn eines jemenitischen Diplomaten in mich, ein sehr intelligenter Herr. Aber ich war in einen anderen verliebt. Er war sehr, sehr verbittert und sehr einsam. Er war auch körperlich behindert und fühlte sich um so mehr zurückgesetzt. Da dachte ich, es wäre das größte Zeichen meiner Hingabe und Verehrung, wenn ich ihm, sozusagen in schwesterlicher Zuwendung, dieses Buch, wovon ich natürlich keine Abschrift hatte, übereigne, was ich auch getan habe. Und er, eifersüchtig, wie er war, hat das Ding einfach in den Ofen geschmissen und verbrannt und mir das stolz verkündet. Da ist in mir irgendwie eine Welt zusammengebrochen. Nun bin ich aber sehr fatalistisch und habe gedacht, dann soll es so sein. Es ist vielleicht sogar ganz gut, wer weiß, wofür das gut ist. Dann habe ich eigentlich keine Gedichte mehr geschrieben. Ich fing mit diesen komischen kleinen Geschichtchen wie „Henze, die Stinkbombe“ und dergleichen an, Gebrauchstextchen für Anlässe wie Aufführungen oder so.

Viktor Kalinke: Wie bist du an diesen Punkt gekommen, daß du zu dir selbst sagen konntest: „Okay, das zeige ich anderen“, einmal abgesehen von dieser Geschichte im elften Lebensjahr. Wie hast du die Überzeugung gewonnen, das kann ich literarisch, poetisch oder lyrisch verantworten, das kann ich bei „ndl“ einreichen, wo ja die ersten Texte von dir erschienen sind?

Gertrud Katzenstein: Ja, das war schwierig. Das hing vielleicht damit zusammen, daß ich viel mit Autoren gearbeitet habe, aber in anderer Hinsicht, als Sängerin oder als diejenige, die die Texte von den anderen irgendwie darbietet. Je mehr ich mich als Interpretin profiliert hatte, desto weniger hatte ich den Mut, selbst mit meinem Zeug ans Tageslicht zu gehen. Ich bin in vielerlei Hinsicht sehr zwanghaft, und letzte “ndl“ ich kam mir die Zwanghaftigkeit sogar zugute. Und zwar habe ich gedacht, ich muß ein Handwerk erlernen. Weil ich dieses Handwerk erlernen, und ich nicht nach Leipzig auf eine Schriftstellerschule wollte, habe ich Altphilologie studiert. Ich habe gedacht, wie kannst du etwas besser lernen als durch Nachahmung, durch Kennenlernen der Wurzeln unserer ganzen literarischen Gattungen und dergleichen. Ich habe das sehr ausgiebig getan, acht Jahre lang. Acht Jahre lang habe ich nur gelesen und nicht einmal Sachen, die mir zur Freude gereichten, sondern Sachen, die Pflicht waren. Und ich danke auch dem, ich weiß nicht, dem Alten da oben, dem Staat, oder wie auch immer, daß ich das wirklich machen durfte und konnte. Daraus habe ich für mich die Legitimation erworben, „jetzt darfst du dich trauen, auch einmal etwas nach außen zu geben, weil du ja eigentlich weißt, wie es sein müßte. Wenn du es dennoch nicht schaffst, so hast du es wenigstens versucht, hast versucht, einer Sache, die du dir ausgedacht hast, die angemessene Form zu geben.“ So kam das mit der „ndl“ zustande. Das waren allerdings Texte, die schon mehrfach in der Öffentlichkeit ausprobiert worden sind. Ich muß dazu sagen, daß ich unter dem Pseudonym „Gertrud Katzenstein“ immer wieder Texte gemacht habe, die auch vertont worden sind, die immer wieder auf der Bühne ihren Platz hatten, ganz unspektakulär, ganz unprätentiös als kleine Gebrauchstextchen. Ich war immer sehr stolz, wenn nach dieser Gertrud Katzenstein gefragt wurde, dieser imaginären Person, die schon über neunzig Jahre alt ist. Jedesmal habe ich eine andere Geschichte von ihr erzählt.

Viktor Kalinke: Du hast also Biographien erfunden für dieses Pseudonym, man müßte fast sagen: Heteronym?

Gertrud Katzenstein: Na klar, wenn ich gefragt wurde, ja.

Viktor Kalinke: Das haben wir noch gar nicht in unserer Verlagspräsentation verankert ...

Gertrud Katzenstein: Angefangen hat damit René Hirschfeld, der Komponist. Der hatte sich immer solche Geschichten ausgedacht: eine jüdische Dame, die ihre letzten Tage am Müggelsee verbringt. Das habe ich dann glatt übernommen. Das ist auch so ein Zeichen, daß ich nicht so viel damit zu tun haben kann oder will.

Viktor Kalinke: Du hast schon zwei wichtige Nebenbeschäftigungen für dich genannt, neben der Poesie, nämlich die Musik – du hast auch eine Ausbildung als klassische Sängerin in Dresden genossen – und die Ausbildung zur Altphilologin. Inwiefern waren diese beiden Studienfächer – es ist ja eine sehr lange Studienzeit, die du in Anspruch genommen hast – für dich Anregung bzw. Behinderung zum Schreiben?

Gertrud Katzenstein: Das Gesangsstudium war temporär eine Behinderung. Durch dieses intensive Präparieren auf eine imaginäre Bühnensituation, habe ich immer öfter gemerkt, daß es für mich nicht alles sein kann, die ewig Interpretierende zu sein. Wenn ich einen Regisseur wie Walter Felsenstein getroffen hätte, dann schon. Ihm ging es darum, dieses Unmittelbare, diesen unmittelbaren Schöpfungsakt auf der Bühne zu suggerieren. Aber solche Regisseure habe ich nicht mehr erlebt. Und da war ich mir einfach auch zu schade für solche Opernregisseure. Das hat mich eher gehemmt, muß ich sagen. Ich habe zwar auch geschrieben, aber das habe ich alles ganz weit nach hinten getan. Ich habe sogar sehr viel geschrieben, diese ganzen Inventuren fallen in diese Zeit, ich habe aber keine Gedichte geschrieben interessanterweise. Diese hohe Konzentration hätte ich nicht aufbringen können. Das Altphilologenstudium hat mich in hohem Maße zur Disziplinierung gebracht, mir aber auch ein unerschöpfliches Gefäß von herrlicher Literatur ins Haus gebracht. Dort hatte ich auch Begegnungen wie z.B. mit einem Lehrer, der für die FAZ die moderne Lyrik rezensiert und einem anderen Lehrer, der selbst ein Dichter ist, Stefan Monhardt. Sie sind auch sehr, sehr musische Leute die Altphilologen. Es gibt kaum einen Altphilologen, der nicht ein heimlicher Musiker, Schriftsteller oder gar Maler ist. Da war ich eigentlich besser aufgehoben, denn das war ein viel musischeres Klima als jemals unter den Musikern, auch wenn die für sich in Anspruch nehmen, dieses musicae technae …haha… als Berufsbezeichnung tragen zu dürfen.

Viktor Kalinke: Hast du auch thematisch aus der Altphilologie Motive oder Figuren übernommen?

Gertrud Katzenstein: Ja, das waren aber eigentlich nur Eintagsfliegen, fast wie Pflichtübungen. Das sind diese drei „ndl“-Gedichte unter dem Titel „Fäden legen“, Ariadne und den Philomela-Mythos, den man aus Ovid kennt, aus seinen Metamorphosen, etwas anders erzählt. Ariadne habe ich auch noch ein bißchen weiter gedacht. Was mich schon immer sehr interessiert hat, sei es, als ich noch Theaterwissenschaftlerin werden wollte, sei es, als ich Schauspielerin werden wollte, war der Medea-Mythos. In meinem Gedicht richtet sich Medea an die heutigen georgischen Frauen, an die Kolcher Frauen. Das ist auch das Interessante an Georgien, daß der Mythos dort zu leben scheint. Es gibt ja dieses „vom Mythos zum Logos“, was eigentlich Quatsch ist. Dort existiert beides ganz versöhnlich nebeneinander, und das ist faszinierend. Ansonsten gibt es noch zwei, drei Orpheusgedichtchen, eher sarkastisch, „Serie Orpheus“. In Vorbereitung ist eine Würdigung des wunderbaren und größten Sängers Georgiens, nämlich Hamlet Gonaschwili. Diese soll in Form schriftstellerischer Äußerung sein und der Orpheusmythos wird eine Rolle spielen, aber ansonsten ist das eigentlich marginal.

Viktor Kalinke: Und inwiefern ist deine eigene Biographie bedeutungsvoll gewesen für dein Schreiben?

Gertrud Katzenstein: Ja, tatsächlich in Form der existentiellen Liebeserfahrungen. Es ist nicht von ungefähr, daß dieser fast kindliche, aber sehr frische und von mir sehr geliebte und auch vertonte Gedichtzyklus „Nixen, Elfen und meine Hexe“ meine eigene Suche danach, wie ich mich selber als Frau im Zusammenleben mit einem Mann positioniere, reflektiert. Ich habe das einfach dreigeteilt. Entweder bin ich die Nixe, die ewig Unerreichbare, oder die auch ganz schnell wieder Entschwindende, wie nur ein Hauch von Sinnlichkeit, und das in Form von Gesängen, oder ich bin die sich langweilende und begnügende Elfe, was am Ende herauskommt, oder die auf Dauer angelegte Janusköpfigkeit einer Hexe. Das ist ein von mir sehr geliebter Zyklus, deshalb, weil es ganz viel von meinem eigenen Erleben wiedergibt. Dann gibt es noch diese „Fama Amoris – Gerücht von Liebe“. Das ist ein zweiter Zyklus, der von einer geradezu depressiven Erkenntnis von Lieblosigkeit im Liebeszusammenleben handelt.

Viktor Kalinke: Der schon etwas reifer ist, vermute ich.

Gertrud Katzenstein: Jaja, der ist immerhin auch schon acht Jahre alt. Jetzt arbeite ich schon wieder an einer neuen kleinen Sache. Das wird vielleicht am biografischsten.

Viktor Kalinke: Vielleicht ist ja dieser Zyklus „Nixen, Elfen und meine Hexe“ auch beispielhaft, um zu erklären, was dir als poetische Form vorschwebt. Kannst du ein bißchen darüber erzählen, was du für dich als annehmbare Poesie entdeckt hast? Ist das eher Lautpoesie …

Gertrud Katzenstein: Genau.

Viktor Kalinke: … also so ein experimenteller Umgang mit Sprache, bei dem es gar nicht so sehr auf die Inhalte ankommt, die dann austauschbar sind. Oder ist das eher dieser beliebte und verbreitete Strom der Gedankenlyrik, bei der man alles sagen kann, auch in einer fast prosaischen Form, aber es kommt trotzdem noch als Lyrik aufs Papier? Wo würdest du dich einordnen? Und was ist deine bevorzugte Form von Poesie?

Gertrud Katzenstein: Ich kann gar nicht sagen, was meine bevorzugte Form ist. Dieser Zyklus ist ja doch schon recht alt, den habe ich auch ein bißchen als Übungsfeld benutzt. Bei der Nixe – sie sind im ersten Teil die Nixen – sind diese Liederchen tatsächlich mehr Lautpoesie. Da kommt dieses ganz sinnliche Moment, was auch teilweise entleert ist von Sinn, sehr stark zum tragen. Die Elfen sind ganz starre Ritornelle, das ist eine Aneinanderreihung etlicher Ritornelle, beendet durch ein Stornello der Elfe. Das ist eine besondere Form des Ritornelle in Italienisch. Und zum Schluß bei der Hexe, die sehr um eine Form und Lebbarkeit von Liebe ringt, kommt zuerst eine hybride Form, so etwas zwischen Stanze und Sonett, dann versucht sich irgendwie ein Sonett, und dann noch einmal eine richtige Stanze und zum Schluß ist wieder alles ganz frei. Da habe ich das noch sehr stark, aber im „Fama Amoris“ überhaupt nicht mehr. Da haben mich ganz und gar das Wort und der Gedanke getragen und der Rhythmus, einfach freier Rhythmus. Man muß dazu sagen, daß „Nixen, Elfen und meine Hexe“ zur Vertonung ausgelegt war. Das hatte ich schon im Hinterkopf.

Viktor Kalinke: Es gab also schon von daher eine strengere Vorgabe an die Form?

Gertrud Katzenstein: Für mich selbst ja. Für den Komponisten sicher nicht. Aber für mich gab es die. Das ist im „Fama Amoris“ ganz und gar aufgehoben. Und jetzt auch, ich mache hin und wieder solche Textchen, Liedtextchen, aber das ist eher eine Übung. Ich bewundere an Heinrich Heine, daß die Lieder bei ihm nicht peinlich sind, ganz im Gegenteil. Ich habe ja richtig panische Angst vor Reimen. Ich werde fest und verkrampft, wenn ich irgendwo Reime lese und dann holpert es manchmal ganz schön. Ich lese immer laut, ob nun Goethe oder Brecht, ich meine, man kann sie sich immer so zurechtrücken, das es doch klappt. Und der Gedanke ist immer so immens bei Brecht, daß mir da so ein holpernder Reim [lacht] … egal ist. Viel schlimmer ist es ja umgekehrt, und das kommt viel zu oft vor.

Viktor Kalinke: Daß der Gedanke dem Reim geopfert wird?

Gertrud Katzenstein: Eigentlich passiert das in jeder Geburtstagsrede von Lieschen und Erwin.

Viktor Kalinke: Du hast einige Namen genannt, Heine, Brecht, Goethe. Gibt es für dich, für das literarische Schreiben, für die Poesie, Vorbilder? Wen würdest du nennen?

Gertrud Katzenstein: Pablo Neruda, obwohl ich niemals so schreiben wollte wie er. Aber er ist für mich doch ein Vorbild, dieses Einssein mit dem Kosmos. In der Reduktion ist Salvatore Quasimodo grandios. Natürlich Hölderlin, aber das ist so hoch gegriffen. Hölderlin ist ja klar, eigentlich muß man das gar nicht mehr sagen. Dann aber auch Heine. Und vor allen Dingen, ich will es nicht verleugnen: Inge Müller. Auf keinen Fall will ich Inge Müller nach Heiner Müller nennen, aber es sind schon die beiden. Und mein Freund Jochen Berg.

Viktor Kalinke: Als Autor?

Gertrud Katzenstein: Als Dichter, Jochen Berg als Dichter und auch Heiner Müller als Dichter. Er ist wunderbar. Aber immer wieder Hölderlin. Natürlich die römische Dichtung, und ganz besonders die griechische, aber das ist ja klar. Aber wenn ich sagen sollte, wer mich seit meiner Kindheit oder Jugend begleitet, dann ist es auf jeden Fall Hölderlin, und dann ist es Heine, und dann ist es Brecht und Goethe. Marquis de Sade, Baudelaire hätte ich auch nennen können, und Rimbaud. Das stimmt auch alles. Und Hesse, selbst Hesse, aber der ist so kitschig. Trotzdem, lieben wir ihn über alles. Aber ganz wichtig ist Federico Garcia Lorca. Er ist wirklich ein Quell sondergleichen, sowohl in seiner Dramatik als auch in seinem ganzen Ethos des Seins und natürlich auch in seiner Lyrik. Also die habe ich geküßt und geliebt und gesprochen, gesungen, gelebt. Das ist großartig, Garcia Lorca.

Viktor Kalinke: Wo sind für dich Möglichkeiten, an die Öffentlichkeit zu gehen mit dem, was du schreibst? Welche Wege suchst du?

Gertrud Katzenstein: Ich habe immer noch eine Scheu vor dem gedruckten Wort, vor dieser Endgültigkeit. Da bin ich ganz anachronistisch, ich weiß. Heutzutage druckt jeder alles. Ich versuche es über die Bühne. Ich benutze die Bühne oft. Ich habe als Sängerin den Vorteil, daß ich Angebote habe, bei denen ich dies und jenes machen kann. Selbst bei dem Ernst-Barlach-Programm habe ich einen Gertrud-Katzenstein-Text reingemischt: da gibt es dieses „Fries der Lauschenden“, dieses Werk, dazu habe ich solche „Gebrauchstexte“ verfaßt. Ich arbeite ja auch als Lateinlehrerin und habe mal einen darstellenden Spielkurs gegeben. Da habe ich die Schüler – sie wußten nicht, daß die Geschichten von mir sind – meine Geschichten lesen lassen. Das hat mich sehr amüsiert. Erstens haben sich die jungen Leute sehr über meine makaberen Sachen gefreut. Ich fand es toll, daß meine schwarzhumorige Seite ankommt. Das sind meine Podien. Es ist nicht so, daß ich ständig antichambriere und einflußreichen Literaturmenschen zu Leibe gehe. Das mache ich alles nicht. Ich war froh, daß ich in diesem wunderbaren kostbaren kleinen Verlag, der erstaunlicherweise in so kurzer Zeit schon expandiert ist, untergekommen bin, dank meiner Freundin, die dort als Lektorin und Übersetzerin tätig ist. Ich unternehme gar nicht so viele Anstrengungen, noch nicht. Ich bereite allerdings schon wieder etwas vor.

Viktor Kalinke: Es gibt also noch ein paar Schubkästen, die du noch an geheimen Orten versteckt hältst, und die noch gezogen werden können?

Gertrud Katzenstein: Genau. Wenn ich noch ein paar Märchen mehr zusammen habe, drei Märchen habe ich jetzt geschrieben. Das letzte scheint mir ein sehr gelungenes zu sein. Das ist auch eine Sache, die ich immer wieder vor Kindern ausprobiere, z.B. seit sechs Jahren zu den Berliner Märchentagen. Erst habe ich Märchen bearbeitet, seit drei Jahren schreibe ich sie selbst. Ich arbeite immer Lieder ein, daß die Kinder auch mitmachen können. Das ist für mich ein schönes Podium. Gerade auch Märchen zu schreiben, ist, glaube ich, eine gute Übung. Dann habe ich auch ein paar Pläne, die ich gar nicht schaffe, zu verwirklichen. Einige liegen schon seit fünfzehn Jahren in einer Kiste. Aber das mag auch damit zu tun haben, daß ich auch ein bißchen Angst habe. Mein Traum wäre, ein Theaterstück zu schreiben. Ob mir der lange Atem für ein Theaterstück wirklich gegeben ist, wage ich noch zu bezweifeln, aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben. Es würde mich schon reizen. Die Dichtung ist natürlich etwas ganz wunderbares, aber wer braucht Dichtung?

Viktor Kalinke: Was in diesem Gespräch ganz deutlich wird, ist die Vielseitigkeit deines Tuns: Du bist weiterhin Sängerin und du hast immer noch Zugang zur lateinischen und griechischen Literatur. In der Literatur selbst bist du nicht auf ein Genre beschränkt, sondern es gibt Märchen von dir – ich weiß nicht, ob du auch Kurzprosa außerhalb dieser Geschichten in "Inventuren" geschrieben hast …

Gertrud Katzenstein: Ja, ja.

Viktor Kalinke: Hast du noch Sachen auf Lager?

Gertrud Katzenstein: Ja, aber alles noch nicht fertig. Lyrik, ja, es ist immer mehr Lyrik.

Viktor Kalinke: Gibt es für dich so etwas wie ein Ideal einer poetischen Ausdrucksform? Es riecht für mich, um meinen Verdacht einmal loszuwerden, ein bißchen nach der Suche nach dem Gesamtkunstwerk, wo Musik und Dichtung ineinanderfließen. Beim Theater wären es dann noch ein Bühnenbild und Performation, da spielen noch ganz andere Sinnesqualitäten hinein. Worin besteht dein poetisches Ideal, an dem du laborierst oder um das du herumtanzt?

Gertrud Katzenstein: Das mit dem Gesamtkunstwerk ist sehr hoch, da kommen bei mir gleich hehre, Wagnersche Assoziationen auf. Ich bin immer auf der Suche. Ich glaube, ich kann das gar nicht so beantworten. Ich weiß eher, was ich auf keinen Fall will. Ich glaube, ich will niemals einen Roman schreiben, obwohl ich mir wünschte, einmal in meinem Leben einen richtig guten Kriminalroman schreiben zu können. Das wäre ein Ideal. Ansonsten ist die Prosa gar nicht so mein Metier, außer dieses ganz Kurze, dieses Pointierte, stichpunktartig fast statt dieses ausgemalte Leben. Das kommt daher, weil ich gern auf der Bühne stehe. Deshalb weiß ich ganz gut, was auf der Bühne funktioniert und was nicht. Aber ich habe auch entsetzlich große Vorbilder. Eines meiner bedeutendsten Vorbilder ist Georg Büchner, er ist fast mein Ideal. Da kommen in wunderbarer Weise Dichtung und Dramatik zusammen und Naturwissenschaft und Philosophie, alles, was man sich wünscht.

Viktor Kalinke: Und Politik.

Gertrud Katzenstein: Ja, genau, dieses Revolutionäre im „Lenz“ oder in „Dantons Tod“ oder sogar in „Leonce und Lena“, also es ist so. Aber es ist schwer nachzuvollziehen, weil ich das Theater, wie es jetzt existiert, meist nicht so interessant finde. Ich möchte etwas für einen konkreten Raum schreiben, aber mir fehlt der Raum, wie mir auch der sakrale Raum für eine bühnenwirksame, sängerische Darstellung oft fehlt.

Viktor Kalinke: ... und auch die Kompanie, die bereit ist, dein Stück oder deinen Text umzusetzen.

Gertrud Katzenstein: Ja. Das könnte ich aber über viele Tricks schaffen, wenn ich das wollte, da ich ein paar Theaterleute kenne. Aber das will ich gar nicht. Es stimmt, tatsächlich fehlt mir nicht die Gelegenheit, sondern die Leute, die mich interessieren. Ich will das nicht so groß ausmalen, wieder die Utopie, aber was mir am heutigen Theater fehlt, ist die Suche nach einer alternativen Gesellschaft oder der Versuch, eine alternative Gesellschaft im Theater zu leben. Ich meine, sie nicht nur auf die Bühne zu bringen und so zu tun als ob, und danach ist genau dieselbe hierarchische Hölle wie im Leben, manchmal sogar viel schlimmer. Deshalb interessiert es mich eigentlich nicht, jedenfalls hier in Deutschland. Und in anderen Sprachen kann ich nicht schreiben, jedenfalls nicht so, daß es literarische Qualität hätte.

Viktor Kalinke: Welche Rolle, glaubst du, kann und sollte der Dichter oder die Dichterin in der Gesellschaft heute spielen?

Gertrud Katzenstein: Ach, weißt du, da bin ich sehr pathetisch. Horaz sprach ja immer davon, er sei ein Vatis, ein Seher, er hat sich selber als Seher gesehen und hat diesen Anspruch gehabt. Was ich sehr interessant finde, ist die indirekte Antwort, die Properz darauf gibt – Properz, der bei Leibe nicht so linientreu war, wie Horaz, zumindest sagt man Horaz diese Eigenschaft nach. Mittlerweile gibt es auch Altphilologen, die rührend darum bemüht sind, nachzuweisen, daß er in keiner Weise so cäsartreu war. Properz bezeichnete sich selbst als Haruspex, Eingeweideschauer, also einer, der eher Unheil voraussagt. Immerhin, es sei dahingestellt, ob man das Wohl oder Wehe voraussagt, man hatte diesen Anspruch vorherzusagen. Ich finde, daß dieses Seherische, fast Schamanische, dieses Magische im Wort und im Gedanken, alles auszusprechen, was vielleicht gar nicht aussprechbar ist in dieser schnellebigen Zeit, also die Zeit anzuhalten, jenseits von Raum- und Zeitgrenzen zu agieren – das wäre für mich die Chance von Dichtung. Und das finde ich auch mitunter bei Dichtern.

Viktor Kalinke: Auch in der Gegenwart?

Gertrud Katzenstein: Ich muß sagen, da fällt mir sofort Stefan Monhardt ein. Manchmal auch Jochen Berg, aber leider schreibt er nicht mehr, jedenfalls nicht mehr für die Öffentlichkeit, oder man findet nichts. Das sind die zwei Dichter. Ich nenne nicht Durs Grünbein, der ist mir zu wenig vertraut. Aber ich könnte mir vorstellen, daß er die Kraft hat. Ich weiß es nicht. Und vielleicht Katja Lange-Müller, wobei ich auch von ihr kaum Dichtung gelesen habe. Aber mir fiel spontan Stefan Monhardt ein. Der ist ein Dichter für mich.

Viktor Kalinke: Wie hast du die Resonanz auf deine Texte bisher erlebt? Du hast vorhin gesagt, daß du sie mit Schülern ausprobiert hast, ihnen inkognito eigene Texte untergeschoben hast, um sie für dich zu testen. Du sagst auch, daß du die Bühne nutzt, also die Gesangsbühne, um deine eigenen Texte in vertonter Form einem Publikum nahezubringen.

Gertrud Katzenstein: Nicht nur vertont, sondern auch gesprochen. Dann aber mit Zwischenmusiken. Ich habe dann Musiker dabei, und die machen die Zwischenmusiken. Ich Rezitiere schon auch.

Viktor Kalinke: Wie hast du die Resonanz erlebt?

Gertrud Katzenstein: Es ist schwierig, das zu beschreiben. Es ist eigentlich wie ein Selbstbetrug, denn offenbar scheine ich inferiore Texte gut zu vermitteln. Es ist, glaube ich, wie bei Otto. Der kann jeden Nonsens von sich geben und alle freuen sich. Oder ich kann jedem Text eine gewisse Gewichtigkeit verleihen, daß, selbst wenn da nichts Gewichtiges gesagt wird, jeder vermutet, ihm sei etwas entgangen. Insofern weiß ich gar nicht, ob es wirklich das wiedergibt. Die Publikumsreaktion ist immer so positiv, daß ich eher zweifle. Ich kann das gar nicht glauben, es ist immer wie ein Selbstbetrug. Aber es gibt auch tiefere Reaktionen. Manchmal gibt es auch das geschriebene Wort, und da kommen eigentlich schöne Dinge herüber, auch kritische Dinge. Manchmal auch so etwas, daß man angeblich die Heiner-Müller-Nähe entdeckt. So etwas verunsichert mich aber eher, da überlege ich immer, was ich ändern muß, obwohl es auch gar nicht schlimm ist. Es ist einfach so, daß ich diesen Dramatiker über alles liebe, und er mich auch sehr geprägt hat in meinem jugendlichen Wertegang, daß ich damit auch leben könnte. Ich denke mal, daß das eigene Vortragen eher dafür gut ist, daß man dieses Selbst, die sinnliche Umformung des Textes, erfährt.

Viktor Kalinke: Ich weiß nicht, inwiefern es für deine Auftritte eine Rolle spielt, aber ich denke, für den gedruckten Text ist es ganz entscheidend, damit er wirken kann. Es ist die Rolle der Kritik, des Feuilletons usw. Was erwartest du von einer professionellen Literaturkritik? In Bezug auf die Wahrnehmung deiner Texte?

Gertrud Katzenstein: Tja, daß der Kritiker das Handwerk des Schreibens, die Gesetze des Schreibens kennt, damit vertraut ist. Warum ich das betone? In der Musikkritik erlebt man immer häufiger, daß die Leute, die über Musik schreiben, keine Ahnung, keine profunden Kenntnisse haben. Also, gewisse Kenntnisse müssen schon vorhanden sein, daß der, der über etwas schreibt, auch weiß, worüber er schreibt und nicht nur Befindlichkeiten von sich oder ambitionierte Selbstbeweihräucherungen wiedergibt. Das kommt ja leider alles vor. Aber es darf auch nicht zuviel sein. Ich habe vorhin diesen Herrn erwähnt, der für die FAZ schreibt. Bei ihm habe ich immer das Gefühl, sein Feuilleton sei das eigentliche Kunstwerk. Es ist ja oft der Fall, daß man gar nichts mehr erfährt. Einen gewissen Informationswert sollte Kritik für den, der z.B. das Buch noch nicht gekauft hat, aber schon haben. Der Leser sollte ungefähr wissen, was ihn erwartet. Und die Wertung sollte nicht vorab sein, sondern erst einmal sollte die Beschreibung des Was und des Wie kommen und dann die eigene Stellung dazu. Das fehlt mir manchmal.

Viktor Kalinke: Inwiefern hast du selbst Kritik erfahren, in Bezug auf deine eigenen Arbeiten? Gibt es da Reaktionen?

Gertrud Katzenstein: Nö, nö ... Also ich finde es schade, daß das Werk von den Kritikern nicht mehr beschrieben wird, daß es nicht mehr als solches beschreibbar ist offenbar. Sondern daß es nur noch um Geschmacksurteile geht … Zum Beispiel Opernkritik: Kritiker beurteilen Opernaufführungen und wir als Leser erfahren nicht einmal, was die Geschichte der Oper ist. Man setzt offenbar voraus, daß jeder sie kennt. Wie die Geschichte vom Regisseur umgesetzt ist, das erfährt man allenfalls. Aber das interessiert mich nicht unbedingt. Für mich ist z.B. das Wichtigste, wie sind die Sänger, die Musiker. Das erfährt man alles nicht mehr. Und warum? Weil die Kritiker, die darüber schreiben, meistens gar nicht mehr die Kompetenz haben, so etwas zu bewerten. Es ist alles zu schnellebig und das macht es so ungründlich. Ich denke, das betrifft auch die Literatur- und Kunstkritiker. Es ist alles so beiläufig. Oder es ist besonders elaboriert. Und dann ist es manchmal auch zuviel des Guten, eben wie besagter Herr, bei dem man sich wünschte: bring doch endlich mal deinen eigenen Lyrikband heraus.

Viktor Kalinke: Ich danke dir für das Gespräch.