Katja Winkler
1960 geboren in Berlin, Germanistik-Studium in Leipzig,
Arbeit als Dramaturgin und Mitarbeiterin
in Literatur- und Theaterprojekten. Seit 2004 Sprachlehrerin in Integrationskursen.
Zahlreiche Veröffentlichungen von Gedichten und Erzählungen in Literaturzeitschriften und Anthologien. Textfassungen für das off-Theater. Mehrmalige Förderung durch die Stiftung Kulturfonds und den Berliner Senat.
Veröffentlichung im Leipziger Literaturverlag
Die Abfolge der Gedichte entspricht dem Ablauf der Jahre und gibt Einblick in meine Biografie. Die Auswahl zieht die Summe der „besten Jahre“. Die Ironie des Titels ist allem Schweren geschuldet, den Erfahrungen mit der Krebs-Erkrankung und ihren Folgen, der Kinderlosigkeit, der Begegnung mit dem Tod in noch jungen Jahren. Aber das Leid ist aufgehoben in der Liebe zum Leben, der Freude am Sex, in der Begegnung mit der sich immer wieder erneuernden Natur. In der Wiederkehr der Themen werden Kontinuitäten in der Auseinandersetzung sichtbar, aber auch der Wandel. Die Lebensmitte ist überschritten, am Horizont taucht unübersehbar das Ende auf. Von all dem sprechen die hier versammelten Gedichte. Charakteristisch ist ihr erzählerisches Moment, der Reim aber, meist als Binnenreim, sorgt für den nötigen Schwung und ist das Elexier der Gedichte. Einzelne Texte arbeiten mit anderen Mitteln, denen des Rap und der experimentellen Lyrik. Was sie eint, ist aber das Existentielle ihres Ursprungs. |
Leseprobe
Sonntagmorgen halb neun
Ich saß auf dem
Krähenbaum die Möwen
stürzten vorbei ich bin frei
frei ihr Geschrei
ich saß auf dem Krähenbaum
ohne Flügel ohne
Ei vogelfrei
Brandenburger Tor
Ich erinnere mich
noch wie ich da stand
den Blick unverwandt
auf den Engel gerichtet
starr und blicklos golden
der Schein es sollte am
Ende der Welt so sein
Einmal im Monat mindestens
dort vor der Mauer am selben
Ort wenn das nicht übertrieben
wär hätte ich keine Erinnerung
mehr an die Leute die mit mir
dort standen und den Platz
so bedeutsam fanden wie ich
ihn liebte um der Leere willen
die dort war und ganz im
Stillen habe ich sie alle
verachtet die dort standen
an meinem Ort und dann gingen
weg und fort ich blieb sitzen
ließ mich gehen konnte ja
den Engel sehen und dahinter
einen Himmel wie ihn nur der
Abend kennt keine Sehnsucht
Leere brennt dir beide Augen
aus bis ans Ende war zu Haus
EIGENTLICH am liebsten wortlos
so vor mich hin aber mit dir
ist es va banque ich komme und
du bist schon da von so weit her
nach nirgends hin ich bin
im Glück Hans nur ein Wort das
Spiel ist aus ein Satz ich setze
zwei Hasard (nicht alles)
und ich bin Hans nur im Glück
verspielt mein Einsatz
auf ein Wort nichts du
bist Hans und noch kein Wort
verloren ich und du und
eigentlich am liebsten wortlos
so vor mich hin aber mit dir