Zurück zur Bibliographie

 


Katrin Heinau

aus: Hochstaplerroman

1.

Ja, der Krieg ist lange vorbei. Aber wie lange währt heute ein Menschenleben? Sie leben noch unter uns, die Menschenkinder des Krieges, sind unsere Väter und Mütter, oft werden sie eingeholt von Kugeln, Ohrfeigen, Übergriffen. Das alles ist seit Ewigkeiten vorbei und doch ist eine bestimmte Art des Todes nicht mehr totzukriegen: der gewaltsame.
Noch immer ist es die Arbeit, die uns angeblich frei macht. Seltener das eigentliche schmutzige Kriegshandwerk. Die Hände werden erhoben gegen den Nächsten, als sei er Jude, als sei er Franzose, nur weil er droht den Sitzplatz im Bus einzunehmen. Weil dieser Sitzplatz uns an einen Lohnplatz erinnert. Weil das Dasein des anderen die pure Herausforderung ist, und das vor allem, wenn er sich nicht fest an die Haltestange der Norm schmiegt, sich nicht so festkrallt wie man selbst, sondern nervenaufreibend in der Ecke steht und bei Kurven nicht umfällt.
Ja, der Krieg... Wenn man die Frauen mit in den Krieg geschickt hätte, nicht als schicke Krankenschwestern in die Lazarette oder als weinende Mütter und Geliebte an die Häfen oder die Gräber oder Ehrenmale, wo sie, wenn sie den Lebenden einmal den Rücken gekehrt hatten, sogleich die letzte Habe des Verstorbenen verstauten und Schminkspiegel und Lippenstift hervorzogen (ich kenne euch doch!) – nein, ich meine, wenn man sie hinein, mitten hinein in den Krieg geschickt hätte, mit einer kurzen Ausbildung an einer handlichen Waffe, was wäre in den Schützengräben passiert? Hätten Männer und Frauen, zu Menschen und Unmenschen zusammengeschmolzen, eine geschlechtslose Masse voll Schießwut, desinteressiert nebeneinander gelegen? Wie verwirrt wären sie gewesen durch so viel schwitzende Nähe bedrohter Körper? Hätten sich die Männer in die Kugeln geworfen, um die Frauen zu retten oder wäre es umgekehrt gewesen? Mit welchen Gefühlen hätten die Männer die zerfetzten Brüste ihrer Schießkameradinnen betrachtet? Wie hätten die Frauen sich der heraushängenden Gemächte der Männer bemächtigt, mitleidig oder gar nicht mehr? Hätte man sich geliebt dort im Schützengraben, hätte man sich vermehrt, hätte man sich geschützt, oder hätte man in einem neu aufgekommenen Matriotismus die Babys zum Ausstopfen der Gräbenlöcher verwendet, wenn sie denn überhaupt eine so ohrenbetäubende Reifezeit in herumgeworfenen Bäuchen und eine so knallige Geburt überlebt hätten? Wäre man vollends, komplette Menschheit, Soldat und Soldatin, untergehend vereint? Die andere, weibliche Seite der Menschheit, wenn die keine Traumfläche mehr hergegeben hätte für eingekesselte Krieger, wäre endlich alles zerfallen, ohne Rausch, alle Ordnung am Ende?

Er wedelt verzweifelt mit dem Einberufungsbescheid, der Mann, ich meine, mit dem Hinbestellschein der Job-Agentur. Sie agieren dort generalstabsmäßig, unter väterlich-mütterlich-forschen Gewehrsalven von strengen Ratschlägen, katapultieren dich in eine deutsche Maßnahme. Das ist so etwas wie ein ideales Hospital für Schisser hundert Kilometer hinter der Front. Man kann und soll später erschossen werden, der Vollzug ist nur ein wenig ausgesetzt. Man kann und soll bei fortgesetzter Krankheit, Widerborstigkeit, lästigen Fragen in den Hunger befördert werden, das heißt aus der Maßnahme gestoßen, Knete herabgestuft, und das bedeutet das Näherrücken des Endes. Wie bitte, im Ernst? Ja sicher! Die Lebensmittel werden immer weniger und immer weniger ernähren sie mich. Ich esse und habe Hunger. Weiß der Leberfresser, was in dem Zeug drin ist, das die Supermärkte einem um die Ohren werfen! Gemahlenes Heu? Brot kann man sicher auch aus Steinen backen? Unter Schweinefett kann ich verrecken, aber wie bezahle ich Gemüse, das nicht aus Pestizidfabriken stammt? Für entstehende Krankheiten erfolgt keine Haftung. Verhaftung ist nicht die schlechteste Alternative. Die Gefängnisse sind voll von Maßnahme-Abbrechern, die einmal menschenwürdig essen wollten. Auch kann man da in den Arbeitsstunden miteinander reden. Die Zelle ist warm und man ist für sich, nicht wie im Obdachlosenheim. Wohnungsverlust droht nicht. Ich muss nicht um Kaution betteln bei meinen angewiderten Freunden. Ich provoziere nicht mehr durch mein Unglück. Die Zeit wird kommen, in denen man die Gefängnisse ausweiten wird, und das wird nicht das schlechteste an dieser Zeit sein.
Diese sogenannten Maßnahmen sind nur im Schatten der Kreuzabnahme zu verstehen. Die Leiche heißt Arbeit und für diesen heiligen Toten werden täglich die Kerzen entzündet. Auferstehen wirst du, unschuldiges Lamm. Besser aber im Jenseits, wir haben keine Kontakte zur dortigen Regierung. Der therapeutische Effekt einer Maßnahme erreicht manchmal sogar mich. Es ist gar nicht so schlecht, sage ich zu mir. Mit Menschen reden! An solch einem Tag bin ich guten Willens.
Ich bin nicht von Geburt arm, ich hab mich falsch benommen. Meine Eltern sind sogar einigermaßen wohlhabend, durch Grundbesitz und Vermietung, vierzig Jahre Staatsdienst und andere Herzverhärtungen, vor denen ich floh. Als geschulte Pädagogen verzichteten sie frühzeitig auf jegliche Unterstützung wie Liebe, Zuspruch, Förderung. Geistig, seelisch und vor allem finanziell ließen sich mich aushungern und begleiteten die Stationen meines Bildungswegs mit prinzipieller Skepsis und Pessimismus. Schlechte Erfahrungen mit meiner Dankbarkeit machten sie seit frühester Kindheit durch meine gesundheitliche Konstitution. Ich blieb ihnen auf ewig schuldig, ein propperer Säugling zu sein. Erst hatte ich eine Milchallergie, dann aß ich schlecht. Ich erbrach mich, lief blau an, auch dann noch, als ich Kopf über dem Klo hängend verprügelt wurde, mein Vater verlor schließlich die Nerven. Allein, ich zeigte keinerlei Einsicht.
Die Papageien hatten bei uns ein eigenes Zimmer. Wenn man dieses Zimmer öffnete und nicht wusste, was einen erwartete, machte man es schnell wieder zu und dachte, man habe sich ganz einfach geirrt. Aber das war keine optische Täuschung. Da saßen drei stattliche Viecher auf einem halben Baum, glotzten gegen die Wände, krächzten und kackten unter sich, den ganzen langen Tag.
Wir drei Brüder drängten uns auf wenigen Quadratmetern. Einschränkung war meinen Eltern oberstes Gebot. Sie schienen damit eine Parzelle im Himmel zu verdienen, ich nehme an, bei diesem Alteingesessenen hinter den tiefhängenden Wolken, die für unsere Gegend typisch waren. Ein Gästezimmer stand leer, weil Gäste nicht kamen, und wenn dann waren sie aus Tschernobyl und schlotterten vor Dankbarkeit. So hatten es meine Eltern gern. Wir drei Gören dagegen waren einfach nur da, aßen, schliefen und zankten uns, ohne viel gelitten zu haben und also kaum existenzberechtigt.
Ihr Leben planten meine Erzeuger, die sich auch gegenseitig nur mühsam ertrugen, bis in den Tod. Bei günstiger Gelegenheit kauften sie zwei getrennte Betten auf Rollen, mit denen man ein Ehebett simulieren, dessen eine Hälfte man im Krankheits-, Pflege- oder Sterbefall aber abtrennen und in dem Gästezimmer neben den Papageien verschwinden lassen konnte.
Tierliebhaber sind oft besondere Misanthropen. Als auch im Wohnzimmer im Erdgeschoss eine Vogelwand eingerichtet wurde, mit circa vierzig Käfigen, aus denen die krächzenden Tiere zu Scharen ihre Exkremente auf die Familienmitglieder warfen, und meine Mutter täglich die Zeitung auf dem Boden ausbreitete, kaum dass mein Vater sie gelesen hatte, war mein Abschied beschlossen. Der Weg in den Garten war unpassierbar, die Sitzecke aufgelöst und der Fernseher abgeschafft. Wir aßen in der Küche bei geschlossener Tür, schliefen unterm Dach, wo es im Sommer heiß und im Winter kalt war, und trafen uns im Sommer manchmal zufällig im Garten, jeder aus einer anderen Richtung kommend. Das Wohnzimmer war unbewohnbar, nach und nach verschwanden die letzten Möbel daraus, der Teppich wurde eingerollt, der Betonfußboden ab und zu von meiner Mutter mit Seifenlauge geschrubbt, wobei sie beruhigend mit den Tieren zu reden versuchte. Mit siebzehn verließ ich das Haus, eindeutig zu früh für einen Grünschwengel wie mich.

Gestern war der Tag, an dem ich aus der deutschen Maßnahme flog. So habe ich heute Zeit, das ganze Elend vor mir auszubreiten und meine innere Landkarte zu inspizieren: Gibt es noch ein Fleckchen, in das ich auswandern könnte, oder ist die Okkupation schon vollständig geglückt?
Ich hatte einen Tag nicht zur Arbeit erscheinen können, mir war die Wohnung gekündigt worden, „Anschlussförderung nicht verlängert“, vor längerer Zeit schon, und diese Zeit war nun ohne ein Wunder zu Ende. Ich musste raus, aber wenn es nach denen gegangen wäre, hätte ich in einem Zelt schlafen können, wenn ich nur pünktlich und ordentlich angezogen in der Schule erschienen wäre. Zwei Wochen hatte ich im Hort der Schule gearbeitet, und mit den Kindern kam ich gut aus. Kinder sind die einzigen Menschen, die mir liegen, ihnen muss man nichts vormachen. Kinder heben ein Steinchen auf und schenken es dir.
Doch schon nach einer Woche hatte mich eine Lehrerin im Visier, eine von den Deutschen. Viele Briten arbeiteten hier, das machte die Stimmung trügerisch locker. Ich hatte mich zu Vertraulichkeiten hinreißen lassen, das war ein Fehler, sie wussten, ich stand unter Druck, hatte reichlich zu tun mit Umzug, Renovierung, ohne Hilfe von Freunden, die ich längst nicht mehr hatte, ohne Geld, ohne Führerschein, ohne Möglichkeit, auch nur die Kaution für einen Mietwagen zu verauslagen. Wie zieht jemand um ohne Auto, ohne helfende Hände, bezahlte oder unbezahlte, die einen Karton hinuntertragen und den Tisch mitanfassen? Da waren sie neugierig. Wie trägt man eine Waschmaschine alleine oder ein großes Bücherregal, das man nur deshalb geerbt hat, weil es jemand anderem einmal zu schwer und zu sperrig war? Wie kriegt man so etwas termingerecht hin, gescheucht und beäugt von der Hausverwaltung, die einen loswerden will? Man läuft, die Habe in den bloßen Händen, nachmittage-, abende- und nächtelang zwischen zwei Wohnungen hin und her. Es ist albern und ich habe noch von niemandem gehört, der so umgezogen ist, aber es ging. Und es ist besser, als den letzten Freund zu fragen, den man vor Monaten gesehen und bei dem man sich schon viel zu viel beklagt hat. Er hätte mir sowieso nur Vorwürfe gemacht, wie unorganisiert ich sei, begreiflich, als der einzige Packesel. Nein, ich machte das ganz alleine.
Und wie geht man gleichzeitig zur Arbeit und zur Wohnungsabnahme?
Ich beschloss, dass Wohnen vor Arbeiten ginge, existentiell gesehen und auf die lange Sicht. Ich erlaubte mir, einen Tag nicht zur Arbeit zu erscheinen. Darauf hatte die Lehrerin nur gewartet. Einen flotten, ganz jungen Kerl, aus dem noch etwas werden konnte, hatte sie sich für ihr Team vorgestellt. Ein Typ wie ich untergrub eindeutig ihre Arbeitsmoral. Mein Unglück am Fuße der Leiter hatte ich mir durch mangelnden Ehrgeiz selbst eingetragen, das sah sie sofort. Mangelnder Ehrgeiz ist für eine deutsche Lehrerin ganz unverzeihlich. Lieber ein bisschen die Mitschüler piesacken, wenn die kindliche Grausamkeit doch nur Unterforderung und höheres Talent verrät! Umso mehr kränkte es sie, dass die Kinder sich um meine Moral nicht scherten. Sie liefen mir jeden Tag freudig entgegen.
Außerdem hatte mir die Dame einmal forschend ins Gesicht geblickt. Ich spürte, wie ich errötete. Sie hatte meine Zahnruinen entdeckt. Die Fassade stand noch und strahlte ein freundliches Gelb ab, wenn ich nicht zu breit grinste, wozu ich aber selten Veranlassung hatte. Der Rest: Prinzip Brache. Meine Kollegin setzte ihre beleidigte Miene auf und ich glaubte zu wissen warum. Die Nachlässigkeit meiner Erscheinung drückte, so fand sie wohl, Verachtung für sie und ihre Geschlechtsgenossinnen aus, die ein intaktes Gebiss im zwischenmenschlichen Kontakt unbedingt bevorzugen. Geputzte Zähne, gewaschene Füße, gewechselte Wäsche, das ist Standard. Zugegeben, ich interessierte mich schon eine Weile nicht mehr für die Erwartungen der Frauen, ebenso wenig wie für meinen Körper, wenn er nur lebte. Ich hätte einer unkomplizierten flüchtigen Bekanntschaft schon mal meine Schneidezähne in den Hals gerammt, aber wenn nichts passierte, so hielt ich es aus. Ich musste mir die Zehnägel nicht mehr schneiden. Ich verfolgte ihr Wachstum monatelang, dann stoppte es, die Nägel kringelten sich ein und ich bekam Vogelkrallen. Ich krächzte ein wenig dazu.

aus: Hochstaplerroman, LLV 2010

Hundebrücke

Kalimera! Danke für Deinen Brief. Wir sind jetzt in der vierten Woche hier, haben schon vieles bewältigt, aber bei weitem noch nicht alles. Zur Zeit schlagen wir uns mit der Ilias herum, die wir als Vorbereitung für den zweiten Durch­gang der Odyssee lesen.
Wir sind froh, daß bei Dir alles so gut läuft. Bei uns ist das leider nicht so!
Es geht nicht darum, hier ein Wochenendhäus­chen zu kaufen. Wir versuchen, eine Teil- oder Voll-Existenz aufzubauen beziehungsweise sind jetzt dabei, die notwendigen Grund­lagen zu erarbeiten. Die Zeit drängt, weil das Geld für eine mögliche Finanzierung davon abhängt, ob ich auf der nächsten Geschäftssitzung der Familie eine Immobilie präsentieren kann. Nutzen wir die Chance jetzt nicht, ziehen sich meine Eltern von dem Griechenland-Vorhaben insgesamt zurück: keine Finanzierung unseres weiteren Aufenthalts, kein Hauskauf, kein Ausbau ...
Sowie wir wieder ein Auto haben, fahren wir in den Westen Kretas. Wann und wie wir nach Korfu fahren, ist immer noch unsicher, da un­sere Kontaktperson keine genauen Terminabsprachen macht. Hinzu kommt, daß Bruno und ich uns nicht sicher sind, ob wir noch das gleiche Projekt im Auge haben, auf das wir uns mit Dir bei unserem letzten Treffen in Berlin geeinigt hatten: es soll sich doch um keine Inszenierung, sondern um eine erweiterte szenische Lesung handeln. So wäre auch die kostspielige Nutzung von Proberäumen nicht unbedingt erforderlich.
Wenn das Theaterprojekt mit Dir neben un­serem Griechenlandprojekt also überhaupt stattfinden kann, wäre unser Vorschlag, daß wir die Veranstaltung zunächst in kleinem Rahmen bei uns im Wohnzimmer durchführen. Den schwarzen Vorhang haben wir noch, hinter dem wir meine Fitnessecke und den Buddha verschwinden lassen können. Und Du weißt ja, wohin die nervliche Überreizung in einem erhitzten Projekt bei mir schon geführt hat: der Prozeß wegen Beleidigung der Opernsängerin füllt mittlerweile drei Aktenordner ...

Er stemmt sich gegen den Wind, als er das Haus verläßt, um zum Briefkasten zu gehen. Seit gestern ist es so windig, es ist der Wind von Afrika, der einem den Sand in die Poren drückt und unter der Haustür ins Zimmer kriecht. Aber so ein afrikanischer Sturm im Süden Kretas kann Tage dauern, und er ist froh, einen Anlaß zu haben, das “Wir” mitsamt dem Vertragsdeutsch, in das Bruno und er immer verfallen, wenn sie gemeinsam an Dritte schreiben, in der grell erleuchteten Wohnung zurückzulassen.

Eine Schaufel fliegt ihm knapp am Kopf vorbei, gleich darauf ein Eimer und eine Müll­tüte, und er beeilt sich, die Treppe hinunterzukommen an den stockdunklen Strand. Er hat eine halbe Stunde zu laufen, bis er im Ort ist, und da er die Augen gegen den Sand fast schließen muß, setzt er seine Sonnenbrille auf. Er kennt jeden Stein auf dem Weg. Es riecht in der gesamten Bucht noch immer streng nach Oliven, die tagsüber von albanischen Gastarbeitern verladen werden.

Der Brief sollte professionell klingen, klingt aber eher so, als wollten sie sich absichern, als müßten sie sich verteidigen. Bruno hat darauf bestanden, das Zimmer “Wohn­zim­mer” zu nennen, Also Wohnzimmertheater wollen wir machen, ja? hat er selbst gereizt gerufen. Sie soll wissen, hat Bruno erwidert, worum es sich handelt, worauf sie sich einläßt, wir dürfen unseren Rahmen nicht überspannen – wobei er offen ließ, ob er auch den finanziellen Rahmen meinte –, und dann hat er sich wieder in die Ilias vertieft, um einen längeren Absatz sorgfältig Wort für Wort zu übersetzen.

Seit einigen Jahren verhindert Bruno, daß er sich professionell in der Theaterszene engagiert. Er wird immer wieder angefragt, denn eine bestimmte Kompliziertheit seines Typs macht ihn zum Komiker, das weiß er und freut sich jedes Mal. Bruno aber versteht es, jedes Projekt, für das er sich begeistert, schlechtzureden. Er erklärt es ent­weder für unprofessionell oder für zu professionell. Die unprofessionellen lohnten die Arbeit nicht, die zu professionellen bedeuteten eine erfolgsorientierte Art von Arbeit, die sie doch beide ablehnten. Unprofes­­s­io­nell sei es, ohne angemessene Gage zu arbeiten. Das Arbeiten für eine angemessene Gage bedeute aber die entsetzliche Fron der Abhängigkeit, das Aufkündigen der Selbstbestimmung und die übrigen hinlänglich bekannten Nachteile nichtautonomer Tätigkeiten. Daß er daran immer wieder er­innern muß! Bruno beschwört dann die Griechenlandpläne, die doch gemeinsame Lebens­pläne seien, und zählt auf, was alles er wegen dieses Vorhabens gegenwärtig nicht begonnen habe. Am Erhalt ihrer Beziehung habe er gearbeitet und immer wieder die gemeinsamen Überzeugungen und Grundsätze den gesellschaftlichen Anforderungen gegenüber hochgehalten, wenn der Freund inkonsequent zu werden drohte. Wie nicht vernähte Fäden schlampiger Kostüme hingen die losen Enden der zahllosen Versuche, sich in die Gesellschaft zu integrieren, jener Inkonsequenzen, an ihm herab, denkt er und dankt Bruno im Stillen für den stren­gen Blick, unter den er ihn stellt.

Bruno ist allerdings konsequent nicht in dem Sinn, daß er immer das gleiche für sich und seine Zukunft vorhat. Eventuell will Bruno plötzlich Forstwirtschaft studieren. Das Abitur, das er zur Zeit nachholt, soll sich lohnen, sagt er dann – Bildung lohnt sich immer! ruft der Freund –, dann schwebt Griechenland plötzlich wieder hinter den Horizont und Bayern wird diskutiert. Dann fahren sie drei Wochen durch Brunos Heimat und er versucht sich vorzustellen, wie es sich lebt in einem Försterhäuschen, mit Geranien vor dem Fenster, wo er – ja was? – den ganzen Tag machen würde, während sein Freund als Förster in bayerischer Lederhose, mit Hut, Stock und Schäferhund die Wälder und Auen beschreitet. Dann muß er sich bezwingen, dieses Bild nicht so sexy zu finden, das er darin einwilligt, und führt wieder die eigenen Interessen an, die durchaus urbaner sind und die Bruno gelobt hat zu akzeptieren.

Dann kippt auch dies wieder, und Bruno ist es, der auf die Stadt nicht verzichten kann. Und er selbst ist es, den es hinauszieht in die Einöde, die er nie mehr verlassen wird.

Aber vielleicht ist die Frage nicht, wohin sie gehen werden, sondern wie es ihnen gelingen wird, dies zu zweit zu tun.

Er bleibt am Strand stehen, kehrt sich mit dem Rücken zur Windrichtung und schüttelt den Sand aus der Kapuze, die er sich eng um den Kopf geschnürt hat. Dabei fällt ihm die Sonnenbrille auf einen Stein, rutscht irgendwo zwischen die Kiesel und er geht auf die Knie, um tastend nach der Brille zu suchen.

Ihre Beziehung währt schon über 12 Jahre. Zwei Abmachungen stützen sie: die, keinen Sex miteinander zu haben, und die, daß Bruno nie dankbar sein muß. In einem feier­lichen Moment haben sie beschlossen, daß Brunos finanzielle Abhängigkeit das geringere Übel sei verglichen mit einer Änderung ihrer Lebensweise, und sie haben, um sich für ein arbeitsfreies Leben in Selbstbe­stimmung zu wappnen, dieses Thema zum Tabu erklärt. Das meinen sie buchstäblich, und Bruno erläutert gegebenenfalls vor Bekannten oder Familienmitgliedern, daß die Tabus bei den Inselbewohnern in der Südsee auch besser funktionierten als das Moralsystem, das die christlichen Missionare ihnen brachten, zusammen mit anderen schrecklichen Krankheiten. Bruno kann in solchen Situationen sehr würdevoll erscheinen, geradezu unantastbar. Und doch, da machen beide sich nichts vor, sind sie in den Augen der anderen nur Parasiten am Leib der Elterngeneration, homosexuelle Exzentriker, Faulenzer, Schäferhundehal­ter, der Sodomie verdächtige Kinderhasser. Und na­tür­­lich gibt es Zeiten wie diese Wochen in Griechenland, in denen die Freiheit schwer zu tragen ist, in denen es nicht ausreicht, Ilias und Odyssee zu lesen, und in denen sie sich gegenseitig vorwerfen, ihrem Entschluß nicht gewachsen zu sein. Und dann diskutieren sie einen Acht-Stunden-Tag lang über “die Gesellschaft” und “das System”, bis sie sich, vielleicht aus Erschöpfung, wieder einfinden in ihrer Bereitschaft zur Verteidigung nach außen.

Dabei gibt es kein Zurück mehr. Bruno hat keinen Beruf gelernt, er hat die Schule geschmissen, sich von Alkohol ernährt und von Gelegenheitsjobs auf dem Bau. Er selbst hat mehrere Berufe gelernt, gegen den Willen seiner Familie, die erwartete, daß er sich in der Geschäftsleitung der Firma engagierte, aber das Privileg, diese Berufe nicht ausüben zu müssen, wirkte dem Tätigwerden ent­gegen, und so war er ein Erzieher gewesen, der nicht erziehen wollte, ein Psychologe, der die Psychologie ablehnte, ein Schau­spieler, der den Theaterbetrieb haßte, ein Foto- und Filmkünstler, der seine Arbeiten in die Schublade legte, und neuer­dings ist er ein Student der katholischen Theologie, der seine Kommilitonen mit der Frage erschreckt: Glaubt ihr das wirklich?

Als er das Theologiestudium begann, hatte er gerade nach zwei Semestern Philosophie abgebrochen. Bruno war katholisch geworden und in den Kirchenchor eingetreten; er machte einen glücklichen Eindruck, wenn er dienstags und donnerstags vom Chor nach Hause kam, und hatte tiefgehende Gespräche mit dem Priester. In der Universität dagegen büffelten graue Mäuse Prüfungsaufgaben, und er lernte, daß sich Menschensohn MS unterscheidet in den ewMS (erdenwirksamen Menschensohn) und in den koMS (kommenden Menschensohn). Ihm war nicht bewußt gewesen, wie formel­­haft die Kirchensprache sein würde, das roch nach Tod und Friedhof, frischgewischten Fußböden und Mottenkugeln. Er lernte, daß es kein Widerspruch war, wenn Jesus in Vers 2, 3 sagt, die Welt ist ein Käsekuchen, und in Vers 4, 5 die Welt ist kein Käsekuchen. Darüber nachzudenken, sei die Aufgabe, und im übrigen liege der Widerspruch immer in ihm selbst! Verärgert kaufte er bei einem Antiquitätenhändler eine große Buddhastatue, baute zu Hause eine Art Altar und freundete sich mit dem Dalai Lama an, der bei jedem Wetter meditierend in der Fußgängerzone saß. Als das Griechenlandprojekt aufkam, meldete er erleichtert ein Urlaubssemester an. So blieb das Studium der letzten Dinge vorerst in der Schwebe.

Es gibt keine Widersprüche. Wenn er dies nur glauben könnte. Einen Moment lang hat er Sehnsucht nach Jesus. Jesus heißt eigentlich Thorsten, ist Callboy und Pornodar­steller, und man kann ihn gelegentlich im Privatfernsehen seine Locken schütteln und bren­nende Bibeln ins Publikum werfen sehen. Keine Spur von Theologie. Wie mutig, wie frei ist das, ist das nicht auch ein Umgang mit Widersprüchen? Ist das Kitsch oder Kunst? Er jedenfalls ist fasziniert und hat sich ein wenig verliebt. Wie eine Faust-Karikatur fühlt er sich daneben, mit verstaubten Büchern und gotischem Stübchen (“Habe nun – ach! ... leider auch Theologie...”). Sein superprivates Sex-Phone liegt in der Berliner Wohnung, er kann Jesus nicht einmal anrufen, was soll er auch sagen: ich muß mein Leben planen – Buchhaltung?

Endlich hat er die Sonnenbrille gefunden und setzt sie wieder auf. Es macht keinen Unterschied: vorher wie nachher ist es dunkel. Damit die Brille ihren Zweck erfüllt und den Sand abhält, muß er zum Meer hin blicken, das er nicht sieht. Er hört ein leises Winseln und fühlt den Hund neben sich, der schon seit mehreren Tagen, von den Verwünschungen der Griechen be­gleitet, in der Bucht herumläuft. Bruno und er haben ihn den lachenden Hund getauft, weil er, wahr­scheinlich aus Durst, immer die Schnau­­ze breit aufreißt. Wie wider­stands­fähig und hartnäckig diese Hun­­­­de sind, die man in diesem Land verhungern läßt oder als Welpen schon auf die Straße treibt, damit sie überfahren werden. Und wie neuro­tisch ist Max, der jetzt bei Bruno oben im Zimmer sitzt und den Schwanz einzieht, weil die Fensterläden klappern.

Als er sich das letzte Mal mit Jesus traf, schlen­derten sie über den Schloßplatz in Berlin...

aus: Vier Männer, © ERATA 2006

 

aus: Evakuierung

Jan und Alex stritten sich oft darum von wem es sich lohnte beeinflusst zu werden. Als ich sie kannte waren sie noch jung jung genug um sich gründlich beeinflussen zu lassen also mussten sie vorsichtig sein. Wahrscheinlich waren sie sehr stark voneinander und von den anderen befreundeten Malern in ihrem Atelier außerdem von Alex Schewski und Anne Neukamp beeinflusst obwohl ich glaube dass öfter Männer Männer und Frauen Frauen beeinflussen direkt oder indirekt. Jan und Alex waren nicht beeinflusst von den Männern die gerade das Publikum beeinflussten wie Neo Rauch Meese Havekost Scheibitz Tim Eitel. Alex schien weitgehend immun gegen alles was aus der Gegenwart kam und Jan bäumte sich auf gegen alles und alle die nicht hundertprozentig waren seien es Politik und Politiker Katholizismus und Katholiken oder seien es Künstler denn wenn die Kunst sie dazu brachte dass sie Erfolg hatten waren sie nicht mehr was sie einmal gewesen sind. Wenn sie aber versuchten hundertprozentig zu sein wurden sie konsequent konsequent cool wie ein Havekost. Da Jan niemanden fand in der Gegenwart der zugleich hundertprozentig und nicht konsequent bis zur Unmenschlichkeit war war er von der Gegenwartskunst überhaupt nicht beeinflusst er guckte sich alles an was da hing aber wenn es Erfolg hatte interessierte es ihn nicht es hieß dann da hängt ein Neo Rauch ein Scheibitz ein Tim Eitel aber Jan hätte nie gesagt da hängt ein Alexander Höfs oder ein Martin Mannig oder ein Andreas Hildebrandt das sagten sie nur im Spaß und man kann sagen wenn statt der Person des Malers sein Werk mit seinem Namen belegt werden konnte war der Zeitpunkt gekommen wo dieses Verschwinden der Person Jan moralisch empörte.
Ich finde diese Einstellung zur Gegenwart sehr natürlich und für einen der jetzt lebt ist die Gegenwartskunst uninteressant viel interessanter ist für ihn die Zukunftskunst.
Die Spanne der Künstler die Jan beeinflussten war sehr groß. Er war beeinflusst von Matisse und Max Beckmann von Philip Guston von David Hockney von Giotto von den Naiven von Henri Rousseau von namenlosen Heiligenmalern des Mittelalters und von Graffitisprayern des vergangenen Jahrhunderts. De Chirico beeinflusste ihn Picasso beeinflusste ihn nicht höchstens dass Picasso immer wieder etwas anderes machte beeinflusste ihn. Obgleich es sehr merkwürdig ist von den Einflüssen Picassos und De Chiricos zu reden. Ich glaube er war beeinflusst von Neo Rauch Meese Havekost Scheibitz wie von allen anderen auch aber wenn er hätte sagen müssen von wem er beeinflusst war hätte er gesagt von diesen nicht er hätte nur die Toten genannt die Toten waren ihm sympathischer das ist geblieben vom vergangenen Jahrhundert die Toten ein auffälliger Zug.
Ich weiß wie es ist mit den Einflüssen ich stellte fest dass ich von allem beeinflusst war was ich las und so las ich später möglichst wenig. Anfangs aber las ich sehr viel und ob ich wollte oder nicht ein Plan war es nicht man hätte einen daraus machen können war ich beeinflusst von Djuna Barnes Jane Bowles Brigitte Kronauer Elfriede Jelinek Marlene Streeruwitz Marguerite Duras und die letzten beiden hätte man nicht hintereinander stellen dürfen weil Streeruwitz Duras kitschig findet. Mich beeinflussten Goethe Heiner Müller Beckett Pasolini genauso wie Botho Strauß Jean Genet F. K. Waechter und Hugo von Hofmannsthal. Aber es ist merkwürdig zu sagen Goethe habe einen beeinflusst das klingt wie eine Ausrede. Jede Arbeit ist von einer Vorarbeit beeinflusst die jemand gemacht hat der nicht ich ist so jedenfalls ist es bei mir.
Als ich anfing zu schreiben und von Djuna Barnes beeinflusst war ließ ich mir eine Frisur machen wie Djuna Barnes und sofort hatte ich Schwierigkeiten. Mein damaliger Freund nannte mich nekrophil sprach nicht mit mir und pflegte ausschließlich den sexuellen Kontakt was kompliziert war denn wir waren auf Reisen. Natürlich hatte ich einen Fehler gemacht. Er schrieb Gedichte und ich hatte seine Gedichte mit angespitztem Bleistift korrigiert man korrigiert keine Gedichte die einem jemand gibt und als ich dann noch besser Schlagzeug spielen konnte als er ich konnte es auch nicht aber ich spiele Klavier und kann die rechte und die linke Hand bewegen da schickte er mich in die Wüste fuhr mich am klirrend kalten Neujahrstag zur Bahn und setzte mich wortlos hinein.
Es war meine Schuld jedenfalls ganz sicher war es nicht Djuna Barnes’ Schuld. Ich weinte zwei Stunden im Zug vor Wut und dann war es vorbei und ich war Djuna Barnes dankbar denn irgend jemandem musste ich dankbar sein.
Ich bin von allen Schriftstellern beeinflusst von denen ich jemals eine Zeile gelesen habe. Selbst von denen von denen ich nie etwas las bin ich randvoll.
Alex kam gestern völlig fertig von einem Messie-Umzug. Wir haben eine Messie-Frau umgezogen, sagte er und ich sah gleich dass ihn das beeinflussen würde. Es ist nämlich so dass nicht nur die Schriftsteller und die Maler einen beeinflussen. Wenn nur etwas geschieht was stark genug ist beeinflusst es uns. Wenn es stark genug ist und wenn es nicht stark genug ist beeinflusst es uns auch. Wenn es schwach ist beeinflusst es uns und wenn es nicht schwach ist ist es stark und beeinflusst uns. Ich glaube dass Max Beckmann mich beeinflusst wenn Jan ein Bild von ihm betrachtet. Wenn meine Nachbarin Harry Potter liest beeinflusst mich das durch zwei geschlossene Haustüren hindurch. Wenn alle Bewohner der Frühlingstraße Zeitung lesen weiß ich Bescheid und wenn sie keine Zeitung lesen weiß ich auch Bescheid. Alex erzählte wie die Frau die sie umzogen wie die Umzugsprofis das nennen jemanden umziehen wie diese Frau zwischen jahrealten Zeitungen jahrzehntealten Konserven Würmern losen Holzbrettern Schrauben Nägeln verlumpten Kleidungsstücken hauste und stapelte von den Wänden nach innen und sie musste in eine Einzimmer-Wohnung ziehen weil das Haus saniert wurde. Eine große Wohnungsbaugesellschaft sie hatte Glück, sagte Alex warum, fragte ich kein Vermieter hat je ihre Wohnung gesehen, sagte Alex oder die Höhle den schwach erleuchteten Gang der im Wohnungsinneren noch übrig war. Er und seine Kollegen mussten Kisten voll verschimmelter Lebensmittel umziehen und Knäckebrotscheiben fielen zu Boden wurden zusammengefegt und wieder eingepackt und ein Rotkohlglas fiel hin und da es 40 Jahre alt war stank es stank und stank ganz erbärmlich, sagte Alex aber die Frau sagte, Sie sind ja schnell mit dem Wegschmeißen. Und da in der Ecke die bemalten Pappen die brauche ich noch, sagte sie die ziehe ich jedes Jahr einmal zum Fasching an die Pappen das ist mein Ofenkostüm. Und sie nahmen vorsichtig die Pappen und kehrten den Knäckebrotdreck in eine Tüte und zogen die Tüte mit um und das Ofenkostüm und dann lachten sie nicht mehr saßen auf den Treppenstufen hatten dreihundert Kisten geschleppt manche rotgesprenkelt hatten die dreihundert Kisten in zwei Lkw gepackt und während sie überlegten überlegten wie sie morgen die dreihundert Kisten in einem einzigen Zimmer unterbringen sollten wurden sie immer trauriger.
Das erzählte Alex am Abend des ersten Tages.
Am zweiten dem Ausladetag sah ich ihn nicht mehr.

aus: Evakuierung, Roman, © ERATA 2006

 

aus: Der Papst ist ein Schwede

Deutsche Leute schlafen sieben bis acht Stunden, ich schlafe vier oder fünf. In Polen schlafe ich normal. Aber hier, das ist unmöglich. Die Uhr geht anders, ich habe keine Zeit. Ich brauche viel Zeit, um zu verstehen. Ich brauche vielleicht drei Stunden mehr Zeit am Tag zum Verstehen. Ich bin schnell, aber langsam. S-Bahn oder U-Bahn, Potsdam-Berlin, Friedrichstraße-Leinestraße, Hermannplatz-Blissestraße, fährt schnell und ich denke, ganz langsam, was hat die Kollegin eben gemeint? Was hat die Chefin gerade gesagt? Ich schreibe das auf, ich schlage Wörter nach, mein Deutsch fährt entgegengesetzt. Dann kommt meine Station, aber mein Deutsch steigt da aus, wo ich losgefahren bin. Das ist Schock jedes Mal, das ist nicht normal. Und dann kommt Person, die ich kenne. Dann könntest du kommen in Zukunft. Du sagst, hallo, liebe Freundin, und ich kann antworten. Hallo, na wie geht’s? Und es geht. Du bist da, und es geht und ich bin an diesem Platz, an dem ich gar nicht ankommen konnte, da bin ich und lerne dich immer besser kennen. Jedes Mal, wenn du Hallo sagst, kenne ich wieder ein Stück.

aus: Der Papst ist ein Schwede, Erzählung, © ERATA 2007

 

aus: Vendelzeit

1157: Albrecht der Bär erobert die slawische Brandenburg.

2007: Das Land Brandenburg feiert 850 Jahre Bestehen der Mark.

Und wo sind die Slawen?

Katrin (flüstert) Die Münzprägung könnten wir aufgeben, es gibt schon den
Treptower Tauschring. Auch ein Radiosender ist im Aufbau. Die Hauptstraße ist
bereits nach einem Widerstandskämpfer benannt. Hinterm Plänterwald könnte
man fluten, und dann: Um uns das Wasser!

Jaxa (entschlossen) Wir holen die lutizischen Reste aus Alt-Lübeck. Wir geben
den Grifonen in Mecklenburg unsere freundliche Hand. Die friedlichen Sorben
sind nicht leicht zu gewinnen, eher die Uckrer aus Schwedt. Wenn du Barnim
gebärst, bin ich wieder da, und dann machen wir hier einen Aufstand.

Katrin (ächzend) Es werden Zwillinge, wie soll ich sie nennen?

Jaxa Barnim und Teltow!

Katrin Ruft Jaxa und küsst mich rechts und links auf die Wangen.


aus: Vendelzeit, Hörbuch, © ERATA 2008


 

 

 


Ihre Meinung zu den Texten per eMail.

Zur Dichterin

Hören !

Zu den Büchern !
- Vier Männer
- Evakuierung
- Der Papst ist ein Schwede
- Vendelzeit
- Hochstaplerroman

Interview mit Katrin Heinau